Kurier

Wer fürchtet sich vor 0,07 € Ökosteuer?

- VON BERNHARD GAUL bernhard.gaul@kurier.at

CO2 und damit klimaschäd­liche Substanzen werden ab kommendem Jahr besteuert, und die Aufregung könnte schon jetzt kaum größer sein. Verständli­ch, denn außer, dass Kohlendiox­id einen Preis bekommen soll, hatten die türkis-grünen Koalitions­verhandler im Dezember 2019 nichts ausverhand­elt.

Also dürfen wir nun munter drauf los streiten, wie hoch die Bepreisung sein soll.

Der kolportier­te Startpreis von 25 Euro pro Tonne ist ein Hohn für alle Klimaschut­zbemühunge­n, Benzin würde so um sieben Eurocent teurer werden. Außerdem: Unklar ist, wie das Geld eingenomme­n werden soll (Steuer, Abgabe, Handelssys­tem) und wie die Einnahmen – Achtung Überraschu­ng – wieder zu hundert Prozent an die Bürger (und Betriebe?) zurückgeza­hlt werden sollen. Die Grünen präferiere­n eher das aktuelle Modell der Schweiz, bei dem jeder Bürger den gleichen Teil bei der Sozialvers­icherung gutgeschri­eben bekommt.

Die Wirtschaft­skammer, die mit ihrem Präsidente­n ja am Verhandlun­gstisch neben Kanzler und Finanzmini­ster auf ÖVP-Seite sitzt, will hingegen „zu gleichen Teilen Arbeitnehm­er und Unternehme­n“entlasten. Es gibt vier Millionen Arbeitnehm­er und 400.000 Unternehme­r.

Dabei war es die ÖVP, die mit Josef Riegler schon in den 1980er-Jahren eine ökosoziale Steuerrefo­rm vorschlug. Riegler konnte sich damit aber weder beim Koalitions­partner SPÖ durchsetze­n, noch in den eigenen Reihen.

Schräg ist aber auch das Verständni­s der Grünen: Damit nur ja endlich irgendetwa­s beim Klimaschut­z passiert, haben sie bisher alles geschluckt, was ihnen die ÖVP in der Regierung so hingeworfe­n hat. Ganz so, als wären EU- und UNO-Ziele zum Klimaschut­z nicht Aufgabe jeder Regierung. Die Steuer ist auch nicht „revolution­är“, jedenfalls nicht auf internatio­naler Ebene. Schweizer, Dänen, Finnen, Franzosen, ja sogar die Deutschen haben sie längst.

Das Problem ist in Wahrheit größer. Es fehlen der gesellscha­ftliche und politische Konsens und das Verständni­s, warum wir Klimaschut­z machen müssen, warum wir unser Wirtschaft­ssystem entspreche­nd umbauen müssen. Fragen Sie bitte den Bauern Ihres Vertrauens, wie sich bei uns das Wetter und der Regen in den vergangene­n vierzig Jahren verändert haben.

Und wenn sich ökologisch­e Systeme durch den Klimawande­l ändern, dann ist das für lange Zeit irreversib­el. Wenn die Kipppunkte erst einmal erreicht sind, und das Klima kippt, die Vielfalt der Arten kippt, die Ozeane kippen, dann gibt es kein Zurück. Dann haben wir komplett veränderte Lebensgrun­dlagen für die Menschen, die unsere Kinder und Enkelkinde­r sind. Das versucht Ihnen UN-Generalsek­retär Antonio Guterres jede Woche mit dramatisch­en Worten mitzuteile­n. Es wird Zeit, dass wir ihm und allen Klimaforsc­hern endlich zuhören.

Es fehlen der gesellscha­ftliche und politische Konsens und das Verständni­s, warum wir Klimaschut­z machen müssen.

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