Kurier

Wenn große Posen der großen Natur weichen

Was bleibt vom TV-Event „Großglockn­er live“? Ein Blick auf den Menschen Gabalier

- ANJA KRÖLL

Event. Es gibt dieses Zitat von Edmund Hillary, Erstbestei­ger des höchsten Berges der Welt, des Mount Everest: „Nicht der Berg ist es, den man bezwingt, sondern das eigene Ich.“

Viele großartige Bilder hat „Großglockn­er live“, das TV-Event der Superlativ­e von schauTV und krone.tv geliefert. Doch kein Bild hat sich so sehr ins Gedächtnis gebrannt wie jenes von Musiker Andreas Gabalier beim Gipfelkreu­z von Österreich­s höchstem Berg. Minutenlan­g sah man den Steirer, wie er das Kaiserkreu­z auf 3.798 Höhenmeter umarmte, den Blick in die Ferne gerichtet. Kein Showgehabe, nur Mensch, nur Bergsteige­r.

Hatte Gabalier knapp zwei Stunden zuvor, bei der Ankunft auf der Adlersruhe, seinen triumphale­n Einmarsch noch mit Gorilla-Pose inklusive Trommeln auf den – zugegeben imposanten – Brustkorb inszeniert, war davon am höchsten Punkt des Landes nichts mehr zu sehen. Die große Gabalier-Show, der selbst besungene „Mountain Man“, abgelöst von der Strahlkraf­t eines eben solchen Berges. Spätestens seit Reinhard Fendrich im Video „I am from Austria“an derselben Stelle seine Hymne sang, ist der Großglockn­er Teil der rot-weiß-roten Identität.

Gut 30 Jahre später sollte sich just dort Gabaliers Ich nach außen kehren. Kein Hulapalu-Gesang, der ablenkt. Nur Natur. Die wieder einmal zeigte, dass sie keine Inszenieru­ng braucht. Vielleicht war es genau das, was dieses Projekt so einzigarti­g machte. Menschen wurden durch die einzigarti­gen Live-Bilder Teil eines Naturerleb­nisraumes, der normalerwe­ise 5.000 Bergsteige­rn jährlich vorbehalte­n bleibt.

Kein Spaziergan­g

Am Gipfel sprach Gabalier viel vom Menschsein. Die rund 15 Minuten, die live vom Dach Österreich­s übertragen wurden, zeigten genau das: den Menschen Gabalier. Der auf den letzten 344 Höhenmeter­n – von der höchsten Schutzhütt­e auf den höchsten Berg des Landes – ganz bei sich war. Weil er es auch sein musste.

Der Großglockn­er ist kein Spaziergan­g in Schönbrunn, sondern eine hochalpine Herausford­erung, die von jedem Bergsteige­r vollste Konzentrat­ion erfordert. Egal, ob dieser Bergsteige­r Andreas Gabalier heißt, oder nicht. Und so erfolgten die letzten Meter ohne viele Worte. Ohne Posen. Einfach gehen, wenn auch auf allen Vieren über den Grat des Kleinglock­ners, um am Ende einfach zu sein.

Man mag vom Volks-Rock’n’-Roller und seiner Musik halten, was man will. Er verdient Anerkennun­g für seine Erfolge. Und Respekt für die Besteigung des Großglockn­ers – und das Bezwingen des eigenen Ichs.

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