Kurier

„An dem Amt hängt ein Rattenschw­anz an Dingen“

Hemetsberg­er als erster grüner Ortschef

- P. STACHER

Oberösterr­eich. Still liegt das klare Wasser des Attersees da. Zu sehen ist darin ein Mann, der trotz Eiseskälte eine morgendlic­he Runde im See schwimmt. „Hallo!“, ruft ihm Rudolf Hemetsberg­er, der an der Uferpromen­ade steht, zu. Wie man es sich vom ersten grünen Bürgermeis­ter Oberösterr­eichs erwartet, ist er per Fahrrad und mit grünem Helm zum Treffpunkt mit dem KURIER geradelt.

Eine Woche ist es her, dass Hemetsberg­er in Attersee am Attersee seinen Erfolg feierte. Er gewann in der Stichwahl gegen seinen ÖVP-Mitstreite­r Philip Weissenbru­nner mit 59,94 Prozent. „Dass das am Ende des Tages so ausgeht, hätte ich mir nicht gedacht“, sagt Hemetsberg­er während des Spaziergan­gs. Er hat schon einiges an politische­r Erfahrung sammeln können, das Amt ist neu.

Ursprüngli­ch in Straß im Attergau geboren, studierte er Kommunikat­ionswissen­schaften in Salzburg, wurde 2018 Mitglied des Grünen Bundesvors­tands und war bis Dezember 2020 Landesgesc­häftsführe­r in Salzburg. Seit fünf Jahren lebt er nun in der Heimatgeme­inde seiner Frau: Attersee. Zudem sitzt er die nächsten Jahre im oö. Landtag. Kommunalpo­litik sei aber etwas anderes: „Am Land bist viel weiter weg von den Leuten. Jetzt werde ich ganz anders konfrontie­rt. Da kommen Anliegen viel klarer zum Vorschein.“

Und davon gibt es in Attersee nicht zu wenig: „Hier sind wir schon mittendrin in der politische­n Herausford­erung“, sagt Hemetsberg­er, als er durch den Ortskern an vielen leeren Schaufenst­ern vorbeischl­endert. „Das Thema für die nächsten 30 Jahre ist die Revitalisi­erung des Dorfzentru­ms“. Und tatsächlic­h: Während sich hier im Sommer Touristen scharen, sieht man Mitte Oktober kaum jemanden. Auch viele Häuser wirken verlassen, die Jalousien hängen tief.

„Jetzt sind wir eigentlich in einem toten Gebiet. Hier sind weitgehend Zweitwohns­itze“, sagt Hemetsberg­er, als er in die „Sportstraß­e“einbiegt. Attersee hat etwa 1.600 gemeldete Hauptwohns­itze, 1.800 haben einen Zweitwohns­itz. Fast jedes zweite Haus stehe damit leer.

Auf Schwammerl­suche Die fehlenden Menschen seien ein Riesenprob­lem. Denn es setze sich in Kindergart­en, Schule und Vereinen fort. „Bei uns werden Klassen gemeinsam unterricht­et“, sagt der dreifache Familienva­ter. „Jetzt muss man mal ‚Stopp‘ sagen, kein einziger weiterer Zweitwohns­itz mehr und das Verhältnis umdrehen.“

Obwohl Hemetsberg­er erst am 9. November angelobt wird, ist er also schon voll in der Sache. Das merkt man auch auf der Straße. Jeder grüßt ihn, und er grüßt sie: die Schulkinde­r, die Damen von der evangelisc­hen Kirche im Ort, die Mitarbeite­r am Gemeindeam­t, die Frau, die für das Museum zuständig ist – fast jeder möchte auch sogleich einen Termin bei ihm. „Mein Kalender wird dicht. An dem Amt hängt ein ganzer Rattenschw­anz an Dingen dran“, sagt er.

Dennoch hofft Hemetsberg­er auf freie Minuten für Familie und seine Hobbys Schwammerl suchen, Fischen und nach dem Sporteln in den See springen.

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