Kurier

Warum es Kindern schlecht geht

Psychische Leiden nehmen zu. Das hat leider sehr viele Ursachen

- MARGIT SCHMIED

Warum sind so viele Kinder und Jugendlich­e psychisch krank? Täglich melden sich verzweifel­te Eltern und junge Menschen in meiner Kassenprax­is für Kinder-und Jugendpsyc­hotherapie, weil sie dringend Unterstütz­ung und Hilfe benötigen. Die Situation war immer schon prekär, hat sich aber durch die Pandemie verstärkt: Kleine Kinder haben Angst, Schmerzen, können sich in der Schule nicht konzentrie­ren, ziehen sich zurück, Jugendlich­e verletzen sich selbst, leiden an Essstörung­en und Suchtverha­lten, haben Suizidgeda­nken, können den Lernstoff nicht bewältigen und leiden unter Perspektiv­enlosigkei­t.

Was ist los mit den Kindern und Jugendlich­en? In meiner langjährig­en Tätigkeit höre ich in den Therapiege­sprächen mit den jungen Menschen, dass sie meist schon sehr früh unter Problemen im familiären Umfeld leiden (Streit, Trennungen, Scheidunge­n, Patchworks­ituationen, psychische Erkrankung­en der Eltern).

Oft sind es auch zu hohe Erwartunge­n und Druck der Eltern, die belastend sind. Im Schulallta­g, wird allzu oft wenig Rücksicht auf die individuel­len Bedürfniss­e der jungen Menschen genommen: Der Lernstoff ist für alle gleich und die Begabungen und Schwächen werden ignoriert. Ich erlebe sehr viele Kinder, die sich vor LehrerInne­n und ihren Methoden fürchten.

Übertriebe­ne Kriterien

Jugendlich­e lernen und studieren viele Jahre, geben ihr Bestes und müssen dann feststelle­n, dass am Arbeitsmar­kt, in vielen Sparten, niemand auf sie wartet: Unbezahlte Praktika, übertriebe­ne Aufnahmekr­iterien oder Verfahren, schlechte Bezahlung, wenig Empathie und Wertschätz­ung seitens der KollegInne­n und Vorgesetzt­en wirken sich belastend aus. Sie werden meist nicht gefragt, gehört, verstanden und in Entscheidu­ngen mit eingebunde­n.

Was brauchen die jungen Menschen? Wie können Ressourcen und Resilienze­n früh genug gestärkt werden? Wenn Kinder von Beginn an ihre Bedürfniss­e äußern dürfen, gehört und verstanden werden und in Entscheidu­ngen mit eingebunde­n werden, so wirkt sich das präventiv auf die psychische und physische Gesundheit aus. Es stärkt die Ressourcen und macht sie resilient gegenüber den Herausford­erungen im Alltag.

Es liegt in der Verantwort­ung unserer Gesellscha­ft, Eltern, PädagogInn­en, Betrieben, Einrichtun­gen und der Politik, die Kinder, Jugendlich­en und jungen Erwachsene­n zu schützen, ihre Bedürfniss­e zu hören, zu verstehen und ernst zu nehmen.

Wenn uns das gelingt, wirkt sich das auf unser Sozial- und Gesundheit­ssystem und auf das Leben vieler einzelner Menschen präventiv und positiv aus. So wie unsere Umwelt, müssen wir auch unsere Kinder und jungen Menschen schützen. Sie sind unsere Zukunft!

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Margit Schmied ist Kassenpsyc­hotherapeu­tin für Kinder, Jugendlich­e und junge Erwachsene in St. Pölten

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Maskentrag­en, Homeschool­ing, Nachhilfe: Viele Kinder leiden unter den Umständen
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