Ein Operettenhit mit zeitlosem Sentiment, zartem Humor und sehr viel Paprika
Emmerich Kálmáns „Gräfin Mariza“überzeugt im Stadttheater Baden in der Regie von Leonard Prinsloo szenisch und musikalisch
Kritik. Das Palais wirkt ziemlich heruntergekommen und verströmt eine sentimentale Atmosphäre voller Erinnerungen. Er wirkt verblasst aber hin und wieder blitzt doch eine vergangene, mondäne Zeit durch, die jedoch nie wieder zurückkehren wird (Bühne: Monika Biegler). Hier agiert die Titelheldin als älter gewordene reiche Oligarchin und Powerfrau.
So sieht Leonard Prinsloo die „Gräfin Mariza“von Emmerich Kálmán die heurige Eröffnungsproduktion am Stadttheater Baden. Er inszeniert den Hit aus der silbernen Wiener Operettenära kitschbefreit, entstaubt, charmant, zeitlos und nachvollziehbar. Die meist feiernde Gesellschaft wird mit latenter
Sehnsucht nach der „guten, alten“Zeit gezeigt.
Aufgemotzt wird das Stück durch sehr viele, vom eigenen Ballettensemble exzellent und schmissig getanzten Einlagen, für deren Choreografie auch der Regisseur – gemeinsam mit Christina Comtesse – verantwortlich zeichnet, sowie durch einige aktualisierte Gags insbesondere aus der Politik: „Kurz eröffnet jetzt sein eigenes Meinungsforschungsinstitut“.
Insgesamt gelingt eine passende Mischung aus Sentiment und Humor. Dafür steht ihm ein sehr spielfreudiges Ensemble mit eleganten, teils überzogenen Kostümen (Mareile von Stritzky) zur Verfügung: Cornelia Horak ist eine teils zu wenig verständliche, launische, ältliche Titelheldin mit großer Bühnenpräsenz, klarem Sopran und müheloser Höhe. Den verarmten Grafen Tassilo gibt Reinhard Alessandri mit schönem, in der Höhe etwas eng werdenden Tenor.
Quirlig
Seine Schwester Lisa wird von der quirligen Verena Barth-Jurca mit leichtem Sopran lupenrein gesungen. Thomas Zisterer mit feinem Bariton singt und spielt einen sehr agilen, komischen Baron Koloman Zsupán, dem der Hit „Komm mit nach Varasdin“vortrefflich gelingt.
Uschi Plautz ist eine exaltierte aber liebenswerte Fürstin Bozena Cuddenstein. Glasklar singt auch Jerica
Steklasa die Manja, eine junge Roma. Thomas Malik ist ein viriler Fürst Populescu, den man allerdings schon komischer erlebt hat. Dies gilt auch für Oliver Baier als Kammerdiener Penizek, der auf wienerisch ständig Zitate der Klassiker völlig verdreht.
Homogen singt der kleine Chor des Hauses. Das Orchester der Bühne Baden unter Christoph Huber, der kaum bei der Koordination mit der Bühne eingreifen muss, spielt die einfallsreiche Musik mit dem ungarischen Kolorit und den vielen, unvergänglichen Schlagern mit Farbenreichtum, rhythmischer Verve und viel Paprika bei den Csárdásrhythmen. Viele Bravi!
KURIER-Wertung: ★★★★☆