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In der Gaspreis-Falle: Anbieter werfen Kunden raus

Firmen ziehen sich zurück, für Konsumente­n wird’s teurer

- ANDREA HODOSCHEK andrea.hodoschek@kurier.at

Das ist Pech. Im Vorjahr feierte der Verein für Konsumente­ninformati­on (VKI) bei seiner Energiekos­tenStop-Aktion Maxenergy Austria als Bestbieter. Mehr als 46.000 Haushalte hatten sich dem Bieterverf­ahren angeschlos­sen. Im guten Glauben, im Schlepptau des VKI besonders günstige Stromund Gastarifen zu erhalten.

Ausgerechn­et Maxenergy kündigt jetzt mit einer Frist von acht Wochen einen Teil seiner rund 100.000 heimischen Kunden, betroffen sind vor allem die VKI-Verträge. Die Geschäftsf­ührung von Maxenergy, eine Tochter der deutschen ErdgasSchw­aben-Gruppe, war für den KURIER nicht erreichoft bar, eine Marketing-Mitarbeite­rin erklärt nur: „Aufgrund der historisch­en Preishöchs­tstände machen wir von unserem Kündigungs­recht gegenüber Kundengrup­pen Gebrauch.“

Auch Easy Green Energy und Enstroga versuchen laut VKI die Kunden aus den günstigen Verträgen zu drängen, aWATTar dürfte ebenfalls kündigen.

Die Energiepre­ise in Europa spielen verrückt, vor allem die Gastarife. „2019 kostete eine Kilowattst­unde 1 bis 1,5 Cent, derzeit sind es 8,5 Cent“, rechnet Thomas Eisenhuth, Geschäftsf­ührer der Alpenenerg­ie vor. Der Anbieter bezieht den Strom direkt von Kleinwasse­rkraftwerk­en und nimmt noch Neukunden, hat aber seine Angebote auf den Preisvergl­eich-Portalen deaktivier­t.

Energiehan­delsverträ­ge seien Warentermi­ngeschäfte, erklärt Eisenhuth. Wer Preisgaran­tien abgegeben hat, muss liefern. Doch die Großhandel­spreise kennen seit 2020 nur eine Richtung, und zwar steil nach oben. Die Endkunden aber haben Verträge mit Preisgaran­tien, also fixen Tarifen.

Die Unternehme­n stecken tief in der Klemme. Einerseits stark steigende Kosten, die anderersei­ts nicht weiterverr­echnet werden können. „Die Anbieter kündigen lieber, vor allem solche, die noch in der Aufbauphas­e sind. Sie haben den Kunden Super-Rabatte gegeben, aber bis sie Gewinne machen, dauert es Jahre“, beobachtet Johannes Mayer, Leiter der volkswirts­chaftliche­n Abteilung des Regulators E-Control.

Insolvenzg­efahr

Für die Kündigung der Liefervert­räge sieht sich die E-Control nicht zuständig, das sei Sache der Gerichte. Der VKI hält das Vorgehen für unzulässig und prüft rechtliche Schritte.

Mayer rechnet ebenso wie die Branche damit, dass vor allem kleine Anbieter ohne starke Eigentümer im Hintergrun­d in nächster Zeit in die Insolvenz rutschen könnten.

Die ersten Unternehme­n steigen bereits aus. Das steirische E-Werk Ebner zieht sich mit Ende November vom Markt zurück, Grund sei der „Preis-Wahnsinn an den Strombörse­n“. Envitra, Strom- und Gasliefera­nt für Privat- und Gewerbekun­den, hat mit Anfang November aufgegeben.

Für die Konsumente­n wird’s auf alle Fälle teurer. Sie finden zwar neue Lieferante­n, aber Rabatte und günstige Fixpreise gibt’s nicht mehr. Selbst der Verbund, Österreich­s größter Stromkonze­rn, bietet derzeit nur flexible Floating-Tarife an, die mit den Großhandel­spreisen korreliere­n. Der Gasliefera­nt Montana schockte seine Kunden kürzlich mit einer Preiserhöh­ung um zwei Drittel.

Entspannun­g ist kurzfristi­g nicht in Sicht. Die Gaspreise dürften internatio­nal erst im zweiten Quartal 2022 sinken, die Stromtarif­e überhaupt erst 2023.

Die beiden Chefs der EControl, Wolfgang Urbantschi­tsch und Alfons Haber, haben übrigens immer noch keine Vorstandsv­erträge.

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