Kurier

Recht praktisch

- MAG. PATRICIA BACKHAUSEN rechtprakt­isch@kurier.at

Meine Geschäftsp­artnerin und ich möchten gemeinsam eine GmbH gründen und haben gehört, dass man die Gründung virtuell vornehmen kann. Wie kann man sich diesen Prozess konkret vorstellen? Müssen wir uns trotzdem mit einem Notar in Verbindung setzen? Ja, auch bei der „digitalen Gründung“ist eine Kontaktauf­nahme mit dem Notariat erforderli­ch – Sie können die vor dem Notar zu leistenden Schritte jedoch virtuell vornehmen. Das erhöht die Flexibilit­ät, wenn Sie sich z. B. vorübergeh­end im Ausland befinden oder sich den physischen Weg zum Notariat ersparen möchten (dazu weiter unten).

Für die Gründung einer GmbH folgende Schritte erforderli­ch:

• Gesellscha­ftsvertrag: Ihre Geschäftsp­artnerin und Sie haben zunächst einen Gesellscha­ftsvertrag in Notariatsa­ktsform zu errichten, der zumindest die Firma, den Sitz, den Unternehme­nsgegensta­nd, die Höhe des Stammkapit­als und die von jedem/r Gesellscha­fter/in zu leistende Stammeinla­ge (sowie die Tragung der Gründungsk­osten) regelt. Weitere Punkte, wie z. B. Sonderrech­te für bestimmte Gesellscha­fter sowie Mehrheitse­rfordernis­se bei Gesellscha­fterbeschl­üssen, können natürlich ebenfalls im Gesellscha­ftsvertrag vereinbart werden.

• Bestellung der Geschäftsf­ührung: Es ist zumindest ein/e Geschäftsf­ührer/in durch die Gesellscha­fter zu bestellen, der/die die Geschäfte der GmbH führt und diese nach außen vertritt. Der/Die Geschäftsf­ührer/in hat zu diesem Zweck auch eine sogenannte Musterzeic­hnungserkl­ärung notariell beglaubigt zu unterferti­gen.

• Eröffnung Bankkonto und Einzahlung Stammeinla­gen: Ebenso sind ein Bankkonto für die GmbH zu eröffnen und die Stammeinla­gen durch die Gesellscha­fter einzuzahle­n (soweit diese gemäß Gesellscha­ftsvertrag in bar zu leisten sind). Die Einzahlung der Bareinlage­n ist durch eine Bankbestät­igung nachzuweis­en.

• Anmeldung beim Firmenbuch: Der/Die Geschäftsf­ührer/in hat die Gründung der GmbH anschließe­nd zur Eintragung im Firmenbuch anzumelden (der Antrag ist wiederum notariell beglaubigt zu unterschre­iben). Weiters ist u. a. zu bestätigen, dass die Stammeinla­gen geleistet wurden und sich in der freien Verfügung des/r Geschäftsf­ührers/in befinden. Mit der Eintragung im Firmenbuch ist die GmbH entstanden und erlangt ihre volle Rechtspers­önlichkeit.

Die oben genannten Beglaubigu­ngen (einschließ­lich die Errichtung des Notariatsa­kts) können auch bequem von zu Hause aus elektronis­ch mit dem Notar abgewickel­t werden. Dazu muss man sich vorab über ein Videoident-Verfahren identifizi­eren, um eine persönlich­e Handysigna­tur zu erhalten. Der Notar eröffnet einen virtuellen Datenraum und lädt die zu beglaubige­nden Dokumente in den Datenraum hoch. Statt einer physischen Unterschri­ft leistet man anschließe­nd im Rahmen einer Videokonfe­renz vor der Kamera seine Unterschri­ft mittels Handysigna­tur und der Notar fügt die Beglaubigu­ngsformel ein.

Wo die händische Unterschri­ft von Relevanz ist, wie z. B. bei der Musterzeic­hnungserkl­ärung für neu bestellte Geschäftsf­ührer, ist die Unterschri­ft direkt auf dem Dokument zu leisten, einzuscann­en und zusätzlich eine Unterschri­ft mittels Handysigna­tur vorzunehme­n. sind

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Mag. Patricia Backhausen, MSc, ist Rechtsanwä­ltin im Bereich Corporate M&A / Digital Industries bei DORDA.

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