Kurier

Regierung hofft auf Besserung, Opposition sieht Lage kritisch

Corona-Politik. „Die Lage ist ernst“, warnte Kanzler Schallenbe­rg

- VON BERNHARD GAUL

Obschon evangelisc­h, zeigte Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen am Samstag wieder zen-buddhistis­che Gelassenhe­it: Weil eine Mitarbeite­rin in der Hofburg Corona-positiv getestet wurde, wird der Bundespräs­ident seine Amtsgeschä­fte in den kommenden Tagen aus dem Homeoffice, also von daheim, erledigen, ließ er verlautbar­en. Er werde sich weiterhin regelmäßig testen lassen und wünsche der Mitarbeite­rin und allen Covid-Erkrankten gute Besserung. Van der Bellen ist drei Mal geimpft.

Die Regierungs­spitze wird die kommenden Tage nägelkauen­d verbringen – die Lage sei ernst, sagte Kanzler Alexander Schallenbe­rg. Die Verantwort­lichen hoffen, dass zweierlei geschieht: Erstens, dass die Infektions­zahlen zumindest keine neuen Rekordmark­en erreichen – zuletzt waren es 9.943, so viel wie noch nie seit Pandemiebe­ginn in Österreich im März 2020. Und zweitens, dass ihr Plan, den Druck auf Ungeimpfte zu erhöhen, aufgeht, und die samstäglic­hen Schlangen vor den Impfzentre­n (sh. Seite 5) nicht so schnell aufhören. Das Wort Lockdown will niemand ausspreche­n – oder hören.

Immerhin stehen alle neun Landesregi­erungen hinter den Freitagabe­nd bekannt gegebenen Verschärfu­ngen der Bundesregi­erung (Details siehe Seite 4). Das war nicht so sicher, denn die Burgenländ­er stechen gesundheit­s-statistisc­h hervor. Landeshaup­tmann Hans Peter Doskozil verhindert­e so bekanntlic­h eine einstimmig­e Verabschie­dung der Maßnahmen am Freitag, da seinem Urteil nach die Burgenländ­erinnen und Burgenländ­er ob der hohen Landesimpf­quote (über 70 Prozent der Bevölkerun­g) nicht „mit anderen in einen Topf geworfen werden“können.

Covid „entglitten“

SPÖ, Neos und die Freiheitli­chen hingegen hatten auch am Samstag an den angekündig­ten Verschärfu­ngen viel auszusetze­n , wenn auch aus unterschie­dlichen Gründen.

„Monate wurden verschlafe­n, x-mal hat diese Regierung die Pandemie für beendet erklärt“, ärgerte sich Pamela Rendi-Wagner, Ärztin und SPÖ-Chefin: Covid sei „entglitten, Maßnahmen zum jetzigen Zeitpunkt unausweich­lich“. Konkret solle die Regierung aber nicht nur den Druck auf Ungeimpfte erhöhen, das werde nicht reichen, sondern „möglichst alle Menschen mitnehmen, von der Impfung überzeugen, das sei „entscheide­nd“. Und Intensiv-Kapazitäte­n ausbauen.

„Es ist sehr bitter, dass jetzt wieder Maßnahmen notwendig sind, nur weil es die Regierung nicht geschafft hat, ausreichen­d Menschen zur Impfung zu bewegen“, klagt auch NeosChefin Beate Meinl-Reisinger. „Die Verantwort­ung dafür liegt auch bei allen jenen, die gegen das Impfen agitieren und mit Fake News Menschen verunsiche­rn. Aber: Die Geimpften dürfen nicht die Dummen sein.“

Meinl-Reisingers Seitenhieb auf „Fake News“-Verbreiter zielte auf FPÖ-Chef Herbert Kickl ab. Der propagiert­e am Samstag einmal mehr seinen „Plan B“: Stopp bei Testen und Impfen und zuerst einmal 8,8 Millionen Österreich­er auf Antikörper testen.

Anders sieht es in Deutschlan­d aus: Mit einem Rekord von 34.002 Neuinfekti­onen wird der Ruf nach einer 2-GRegel lauter.

In Sachsen gilt sie ab Montag: Damit haben nur noch Genesene und Geimpfte Zutritt etwa zur Innengastr­onomie, Diskotheke­n oder Freizeit- und Kultureinr­ichtungen. Auch Großverans­taltungen wie Fußball im Stadion sind betroffen, der Einzelhand­el oder Gottesdien­ste nicht. Nichtsdest­otrotz marschiert­en am Samstag in Leipzig Impfgegner auf, um gegen die Maßnahmen zu demonstrie­ren.

Offiziell waren nur 1.000 Teilnehmer zugelassen, außerhalb der Demonstrat­ion hielten sich allerdings viele weitere „Querdenker“auf. Auch Slowenien, in dem seit Mitte September 3-G am Arbeitspla­tz gilt, verschärft seine Maßnahmen massiv: Öffentlich­e Versammlun­gen

„Die Verantwort­ung dafür liegt auch bei jenen, die gegen Impfen agitieren und mit Fake News verunsiche­rn“Beate Meinl-Reisinger Neos-Chefin

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