Hinter den Zeilen
Die Redakteurin
In der Boxszene macht der leidenschaftlichen Kampfsportlerin niemand etwas vor, doch auch außerhalb des Boxrings besticht die Kärntnerin seit Frühjahr 2021 im KURIER-Sport durch kreative Zugänge und spannende Texte
wollte ich auch Archäologin werden. Ich liebte alles in der Erde und im Himmel – aber nichts dazwischen. Ich hatte wohl nie eine Balance in meinem Leben“, lacht Khadem und zeigt am Handy Bilder eines Nachthimmels. Heute verpasst sie gelegentlich ihren Gegnerinnen Sterne im Boxring.
„Ein Trainer sagte mir, ich solle Boxen, damit ich stärker werde. Ich trainierte Basketball mit den Jungs auf den Straßen Teherans und anschließend schlug ich im Park stundenlang auf einen am Baum befestigten Boxsack ein. Dabei entdeckte ich eine völlig neue Welt und wusste – das ist es, was ich wirklich machen wollte!“
Nachdem sie einen Trainer gefunden hatte, war ihr nächstes Ziel: „Kämpfen! Denn eine Boxerin ohne Kampf ist keine richtige Boxerin.“Doch im Iran gab es keinen Boxverband für Frauen. „Ich wollte wissen warum. Deshalb sprach ich viel mit den Medien, damit sie helfen, etwas zu ändern. Doch sie taten nichts.“Khadem war deprimiert und verlor die Motivation. Beim Yoga und der Meditation mit ihrer Mutter, fand sie wieder zu sich selbst und startete mit dem Boxen noch einmal durch. Ihr damaliger Trainer Mahyar Monshipour war gebürtiger Iraner, der in Frankreich aufwuchs. Dort organisierte er in Royan einen Kampf.
„Alles, was ich wollte, war boxen. Doch ich wusste nicht, wie sehr sich mein Leben deshalb verändern würde.“Weltweit interessierten sich Medien für diese Geschichte und deren Siegerin, „die Barrieren eingerissen“hat – schrieb etwa die Sportzeitung L'Équipe. Auch im Iran wurde darüber berichtet – negativ. Bis heute weigert sich der Verband, das Ergebnis anzuerkennen. „Es war eine Ehre für mich, für mein Land zu kämpfen. Doch sie haben nichts für mich gemacht und wollen mich nur vergessen.“
Kinofilm über ihr Leben
In Deutschland wird gerade ein Film über sie gedreht, der nächstes Jahr in die Kinos kommt. Darin geht es um eine Frau, die trotz aller Verbote ihren Weg geht. Die ohne Hijab in einem fremden Land, einen für Frauen unerlaubten Sport ausübt. Eine Frau, deren Sieg bedeutete, nie wieder einen Schritt in ihr Heimatland setzen zu dürfen. Einem Land, dessen Regime sie sich widersetzte und zeigte, dass Träume wahr werden können. Er erzählt von einer Frau, die anderen Mut und Hoffnung gibt. „Im Iran boxen viele Mädchen, heimlich.“Die möchte sie unterstützen und hofft, dass das Land irgendwann stolz auf Frauen wie sie sein kann.
„Ich habe vieles für meinen Sport gemacht und bin glücklich.“In Frankreich hat ihre Reise gerade erst begonnen: „Ich bin Boxerin und liebe es meine Kunst zu präsentieren.“