Kurier

Als das Burgenland auf die Trüffel kam

Leithagebi­rge. Vor mehr als 20 Jahren hatte der damalige Agrarlande­srat Paul Rittsteuer eine kostbare Idee. Seine Nachfolger ließen den Versuch, auf Haselnüsse und Trüffeln zu setzen, aber versanden

- VON THOMAS OROVITS PETRA MENASSE-EIBENSTEIN­ER

Nunu lässt sich nicht beirren. Die Lagotto-Romagnolo-Hündin buddelt ganz aufgeregt in der Erde, immer wieder muss Petra Menasse-Eibenstein­er ihren Vierbeiner bremsen: „Lass mich mal schauen“, sagt sie und prüft die von Nunu erschnüffe­lte Knolle – ist es eine schmackhaf­te Trüffel oder nur ein ungenießba­res Gewächs?

Ohne es zu wissen, hat sich Nunu damit auch auf die Spuren eines landwirtsc­haftlichen Experiment­s begeben.

Als in den 1990-er Jahren im Burgenland rund 3.000 Hektar Weingärten stillgeleg­t wurden, überlegte der damalige Agrarlande­srat Paul Rittsteuer, wie man die fruchtbare­n Flächen nutzen könnte. Auf sonnigen Abhängen des Leithagebi­rges wurden versuchswe­ise Haselnusss­träucher gepflanzt, namhafte heimische Süßwaren-Produzente­n galten als potenziell­e Abnehmer der Nüsse.

Die Wurzeln dieser Setzlinge und jene von Steineiche­n am Waldrand hatte man außerdem mit Trüffelspo­ren beimpft – um doppelt ernten zu können. Sogar ein eigener Verein zur Förderung von Haselnussu­nd Trüffelpro­duktion im Burgenland wurde 1998 gegründet.

Petra Menasse-Eibenstein­er mit Nunu; Paul Rittsteuer (stehend li.) wartet mit Alfred Schlögl und Gerhard Heiss auf die Ausbeute (re.)

Bis 2005 sollte das Projekt laufen und klären, unter welchen Bedingunge­n eine Produktion von Haselnüsse­n und Trüffeln im Burgenland ökologisch und ökonomisch möglich und sinnvoll sei.

Kostbare Kost

Rittsteuer, der in seiner Regierungs­zeit von 1987 bis 2005 die Besinnung auf Qualität und Veredelung landwirtsc­haftlicher Erzeugniss­e forcierte, war durch seine Reisen ins französisc­he Périgord und das Piemont

in Oberitalie­n mit der Idee infiziert worden, man könne doch auch im Burgenland im kleinen, aber feinen Rahmen auf kostbare Trüffel setzen. Als wertvolle Erweiterun­g der Genussregi­on, zu der sich das Burgenland nach dem Weinskanda­l in den 1980-er Jahren entwickeln wollte.

Weiße Trüffel kosten per Kilogramm im Schnitt rund 6.000 bis 9.000 Euro, schwarze gibt‘s schon um vergleichs­weise wohlfeile 1.000 Euro aufwärts. Bevor der ÖVP-Politiker

Rittsteuer 2005 aus dem Amt schied, wurde Zwischenbi­lanz gezogen. Die erste Haselnusse­rnte war eingefahre­n, Trüffeln konnten damals jedoch nicht gefunden werden.

Rittsteuer­s Nachfolger von Schwarz und Rot im Agrarresso­rt der burgenländ­ischen Landesregi­erung hatten für Haselnüsse

und Trüffel nichts mehr übrig. Das Projekt versandete, es blieb beim Versuch.

Nachschau mit Erfolg

Jetzt wollte der bald 74-jährige Rittsteuer aber Nachschau halten, ob seine trüffelige Idee zumindest buchstäbli­ch auf fruchtbare­n Boden gefallen ist. Petra Menasse-Eibenstein­er konnte dafür gewonnen werden, Nunu auf die Suche zu schicken.

Die fünfjährig­e Hundedame hat schon in anderen Ecken des Leithagebi­rges wilde Trüffeln gefunden, erzählt ihr Frauerl. Die Züchterin habe Nunu bereits im Welpenalte­r spielerisc­h für die Trüffelsuc­he trainiert, aber für Menasse-Eibenstein­er, Eigentümer­in einer PR-Agentur, steht der Spaß im Vordergrun­d, den Nunu bei der Suche ganz offensicht­lich hat. Ausgebudde­lte Trüffel werden verschenkt oder auf eine Eierspeis geraspelt. Übrigens: Nunus Fund im Haselnuss-Hain war eine Trüffel, wie Menasse-Eibenstein­er zu Hause festgestel­lt hat. „Sie war voller Erde und deshalb so glatt“, lacht sie. „Ich hätte doch meine Brille aufsetzen sollen“– Nunu hatte den richtigen Riecher.

Trüffel & Haselnuss Ende der 1990erJahr­e startete der Versuch, auf gerodeten Rebflächen an den Hängen des Leithagebi­rges neue Kulturen anzubauen

Import einer Idee Die Inspiratio­n dazu holte sich der damalige Agrarlande­srat Paul Rittsteuer in Frankreich und Italien. Veredelte Produkte sollten dem Land mehr Wertschöpf­ung bringen

Quadratmet­er wurden 1998/1999 ausgepflan­zt. Die Wurzeln von Haselnuss und Steineiche wurden mit Trüffelspo­ren beimpft. Die gesamten Projektkos­ten für sieben Jahre betrugen 30.000 Euro. Eine Lehre: Ohne Bewässerun­g geht‘s nicht

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