Kurier

Nah und fern

Wunder gibt es immer wieder: Zum Beispiel wenn der Mann nebenan ein eigenes Nest sucht, aber nicht findet – und gnä Kuhn eines herbeizaub­ert

- VON GABRIELE KUHN & MICHAEL HUFNAGL

Sie

Sagen Sie Doktorin der Hexualkund­e zu mir! Warum? Weil der Mann nebenan mir vor Kurzem den Titel „Hexe“verliehen hat, mit folgenden Worten: Ich habe ja schon immer geahnt, dass du hexen kannst, jetzt weiß ich es. Verliebt in eine Hexe quasi, der Gute. Nur die Warze auf meinem Zinken fehlt und ein Besen, der fliegt, um täglich Gustavs schwarze Hundehaare vom hellen Boden zu fegen.

Das wird nix! Aber der Reihe nach: Wie vergangene Woche leise erwähnt, haben wir zwei uns darauf geeinigt, getrennt unserer Wege zu gehen, um neue Perspektiv­en zu erfahren. Das muss sein, damit die Liebe erst heilen und dann bleiben kann. Da saß er nun, mein Rudi Ratlos, und verlor sich suchend, aber nicht findend, im World-WideWohnun­gsnetz. Irgendwann klappte er den Laptop zu und konstatier­te: Das wird nix, ich kauf mir ein Zelt. An dieser Stelle verwies ich kurz auf unser legendäres Oleander-Überwinter­ungs-Zelt, das in unserem Lesekabare­tt für sehr laute Lacher sorgt… Aber irgendwie kam er diesmal nicht so recht in Stimmung. Also beruhigte ich ihn, und meinte, er würde etwas Adäquates finden, wenn das „Universum“dazu bereit sei. Dann legte ich mich auf die Couch, holte mir den Laptop und hatte zehn Minuten später ein privates Wohnungsin­serat zur Hand, das perfekt zu seinen eher komplexen Bedürfniss­en passte. Ja, das Schmuckstü­ck war noch zu haben, aber das war noch nicht alles! Auf Nachfrage, wo wir denn besichtige­n dürfen, nannte mir die Eigentümer­in eine Adresse – 300 Meter von unserem gemeinsame­n Domizil entfernt. Die Würfel waren gefallen, das Universum schien bereit. Die perfekte Fügung. Und so ist der Mann nebenan nun der Mann gegenüber, nah und doch fern genug, um durch den Wandel zu wandeln, der uns vermutlich sehr guttun wird. Hex hex! Bleiben Sie dran – und halten Sie uns die Daumen. Nächster Auftritt: 20. 11., Klosterneu­burg

Er

Die Wohnung ist übrigens nicht 300 Meter entfernt, sondern knapp 100 Meter. Aber meine Frau hatte einst auch gedacht, zwischen Wien und Bratislava lägen wasweißich, so 200 Kilometer halt. Und als ich ihr mitteilte, dass dies nur dann korrekt sei, wenn man über Sankt Pölten fährt, war sie beleidigt. Weil man sich nicht lustig machen soll über jemanden, der über ein nicht so tolles Distanzgef­ühl verfügt. Dass „nicht so toll“ihre Übersetzun­g für tragikomis­ch ist, muss jetzt nicht näher ausgeführt werden. Es ging ja darum, wer das neue Nest entdeckt hat. Und die Chronologi­e dazu verhält sich freilich anders als von der Liebsten beschriebe­n. Ich hatte nämlich im Rahmen der Recherche noch nicht einmal den Suchbegrif­f fertig eingetippt, da stand sie schon neben mir, schaute mir über die Schulter und zappelte. Wie immer, wenn mein Vorgehen nicht ihrem Weg (der natürlich grundsätzl­ich der beste und schnellste ist) entspricht.

Bastlerhit

Also sagte sie: Hearst, ich kann dir nicht lass’ mich das machen – ein Satz, unser Haushaltsm­antra. Also googelten wir um die Wette. Was sie besonders an der Stelle sehr lustig fand, als sie mir eine 40-Quadratmet­er20 Ruine etwa Kilometer außerhalb von Wien als Link ins Nebenzimme­r schickte. Mit den Worten: Schau’ mal, da steht „Bastlerhit“, das wäre doch etwas für einen geborenen Heimwerker wie dich. Ein Smiley musste sie nicht hinzufügen. Ich verwies darauf, dass ich für die Montage der WC-Deckenlamp­e unlängst nur knapp drei Stunden gebraucht hatte, wiewohl die Hälfte der Zeit fürs Fluchen draufgegan­gen war. Den Hauch von Stolz kommentier­te sie lediglich mit: Na dann wird das Wohnungsab­enteuer vom Einzug bis zur Gemütlichk­eit wohl ein Jahrhunder­twerk. Ich gestehe, das fand ich witzig. Aber ich bleibe gelassen. Auch wissend, dass gnä Kuhn sehr nahe ist, wenn ich sie brauche. 300 Meter sind schließlic­h keine Hexerei.

Letzter „Abend mit einem Mannsbild“: 21. 11. Wien CasaNova (Matinee)

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