Nah und fern
Wunder gibt es immer wieder: Zum Beispiel wenn der Mann nebenan ein eigenes Nest sucht, aber nicht findet – und gnä Kuhn eines herbeizaubert
Sie
Sagen Sie Doktorin der Hexualkunde zu mir! Warum? Weil der Mann nebenan mir vor Kurzem den Titel „Hexe“verliehen hat, mit folgenden Worten: Ich habe ja schon immer geahnt, dass du hexen kannst, jetzt weiß ich es. Verliebt in eine Hexe quasi, der Gute. Nur die Warze auf meinem Zinken fehlt und ein Besen, der fliegt, um täglich Gustavs schwarze Hundehaare vom hellen Boden zu fegen.
Das wird nix! Aber der Reihe nach: Wie vergangene Woche leise erwähnt, haben wir zwei uns darauf geeinigt, getrennt unserer Wege zu gehen, um neue Perspektiven zu erfahren. Das muss sein, damit die Liebe erst heilen und dann bleiben kann. Da saß er nun, mein Rudi Ratlos, und verlor sich suchend, aber nicht findend, im World-WideWohnungsnetz. Irgendwann klappte er den Laptop zu und konstatierte: Das wird nix, ich kauf mir ein Zelt. An dieser Stelle verwies ich kurz auf unser legendäres Oleander-Überwinterungs-Zelt, das in unserem Lesekabarett für sehr laute Lacher sorgt… Aber irgendwie kam er diesmal nicht so recht in Stimmung. Also beruhigte ich ihn, und meinte, er würde etwas Adäquates finden, wenn das „Universum“dazu bereit sei. Dann legte ich mich auf die Couch, holte mir den Laptop und hatte zehn Minuten später ein privates Wohnungsinserat zur Hand, das perfekt zu seinen eher komplexen Bedürfnissen passte. Ja, das Schmuckstück war noch zu haben, aber das war noch nicht alles! Auf Nachfrage, wo wir denn besichtigen dürfen, nannte mir die Eigentümerin eine Adresse – 300 Meter von unserem gemeinsamen Domizil entfernt. Die Würfel waren gefallen, das Universum schien bereit. Die perfekte Fügung. Und so ist der Mann nebenan nun der Mann gegenüber, nah und doch fern genug, um durch den Wandel zu wandeln, der uns vermutlich sehr guttun wird. Hex hex! Bleiben Sie dran – und halten Sie uns die Daumen. Nächster Auftritt: 20. 11., Klosterneuburg
Er
Die Wohnung ist übrigens nicht 300 Meter entfernt, sondern knapp 100 Meter. Aber meine Frau hatte einst auch gedacht, zwischen Wien und Bratislava lägen wasweißich, so 200 Kilometer halt. Und als ich ihr mitteilte, dass dies nur dann korrekt sei, wenn man über Sankt Pölten fährt, war sie beleidigt. Weil man sich nicht lustig machen soll über jemanden, der über ein nicht so tolles Distanzgefühl verfügt. Dass „nicht so toll“ihre Übersetzung für tragikomisch ist, muss jetzt nicht näher ausgeführt werden. Es ging ja darum, wer das neue Nest entdeckt hat. Und die Chronologie dazu verhält sich freilich anders als von der Liebsten beschrieben. Ich hatte nämlich im Rahmen der Recherche noch nicht einmal den Suchbegriff fertig eingetippt, da stand sie schon neben mir, schaute mir über die Schulter und zappelte. Wie immer, wenn mein Vorgehen nicht ihrem Weg (der natürlich grundsätzlich der beste und schnellste ist) entspricht.
Bastlerhit
Also sagte sie: Hearst, ich kann dir nicht lass’ mich das machen – ein Satz, unser Haushaltsmantra. Also googelten wir um die Wette. Was sie besonders an der Stelle sehr lustig fand, als sie mir eine 40-Quadratmeter20 Ruine etwa Kilometer außerhalb von Wien als Link ins Nebenzimmer schickte. Mit den Worten: Schau’ mal, da steht „Bastlerhit“, das wäre doch etwas für einen geborenen Heimwerker wie dich. Ein Smiley musste sie nicht hinzufügen. Ich verwies darauf, dass ich für die Montage der WC-Deckenlampe unlängst nur knapp drei Stunden gebraucht hatte, wiewohl die Hälfte der Zeit fürs Fluchen draufgegangen war. Den Hauch von Stolz kommentierte sie lediglich mit: Na dann wird das Wohnungsabenteuer vom Einzug bis zur Gemütlichkeit wohl ein Jahrhundertwerk. Ich gestehe, das fand ich witzig. Aber ich bleibe gelassen. Auch wissend, dass gnä Kuhn sehr nahe ist, wenn ich sie brauche. 300 Meter sind schließlich keine Hexerei.
Letzter „Abend mit einem Mannsbild“: 21. 11. Wien CasaNova (Matinee)