„Das gab es vorher nur in der klassischen Musik“
Led-Zeppelin-Gitarrist Page über „Stairway to Heaven“
1969 waren Led Zeppelin eine dieser Bands, die kulturell und technologisch eine neue Ära der Musik einleiteten. „Sie waren im Zentrum dieses Hurricanes. Ich liebe die Geschichte dieser Band und ihre Platten, seit ich ein Kind bin“, sagt Bernard McMahon, der Regisseur der Doku „Becoming Led Zeppelin“. Er schreibt die Verwirklichung seines Traumprojekts dem Fakt zu, dass er den Gründer der legendären Truppe, Jimmy Page, dafür gewinnen konnte. Page ist heute 77, der Rolling Stone listete ihn auf Platz 3 der „100 besten Gitarristen aller Zeiten“
KURIER: Wie wurden Sie auf die Doku aufmerksam?
Jimmy Page: Der Regisseur und die Produzentin kontaktierten mich 2017. Wir haben uns getroffen, und waren wir waren uns anfangs natürlich sehr suspekt, aber sie haben mir das Storyboard gezeigt, und das hat mich überzeugt. Ihre Vorstellung und die auf Papier gebrachte Visualisierung waren sehr exakt, und die Recherche war ganz offensichtlich sehr genau und ging sehr in die Tiefe, dass ich sofort all diese Meilensteine in unserer Geschichte wiedererkannte. Ich und die anderen in der Band hatten sofort das Gefühl, okay, die verstehen uns, die haben begriffen, wer wir waren.
Sie hatten schon als Bandleader eine Unabhängigkeit, um die Sie viele Musiker beneidet haben. Sie, nicht die Plattenfirma trafen alle Entscheidungen. Wie kam es dazu?
Ich war in einer Band namens The Yardbirds, und wir waren sehr bekannt in der amerikanischen Underground-Szene. Wir hatten fünf Mitglieder, und Jeff
Beck und ich waren die zwei Gitarristen. Aber dann wollte
Jeff eine Solokarriere. Kurz danach trennte sich die Band, und ich hatte eine Wahl zu treffen. Ich wollte eine Band gründen, ich kannte mich aus, ich wusste, wie das amerikanische Underground-Radio funktionierte, dass die Stereoplatten spielten, und zwar nicht nur Drei-Minuten-Singles, sondern eine ganze Seite. Es gab dieses Radio, und es gab Underground-Konzerte, aber in England wusste keiner, was wir machten, wir waren nicht mehr als eine Kultband. Ich ging zu einer Plattenfirma. Die fragten, ob wir Hits hatten, was ich verneinen musste, aber meinte, wir haben ein RiesenFollowing in Amerika als Gitarrenband. Wir konnten keine Vorauszahlung für Aufnahmen verlangen, wir mussten ein fertiges Album präsentieren, was sich als die beste Lösung herausstellte. Denn dadurch konnten wir höhere Tantiemen verlangen. Die Geschichte von Led Zeppelin ist wie eine Anleitung, wie man das Musikbusiness angehen muss.
Haben Sie Musik studiert?
Nein, ich habe mir alles selbst beigebracht, war nie auf einer Musikhochschule. Ich würde alle jungen Musiker ermutigen, dranzubleiben, nicht aufzugeben. Als ich begann, gab es keine Computer, ich lernte von anderen Alben. Ich konnte nicht einfach googeln, wie man Musik wie „Dark Side of the Moon“schreibt.
Led Zeppelin gilt als Albumband, nicht eine Singlesband. Heute leben wir in einer Zeit, wo Hitsingles noch wichtiger sind als damals. Gibt es Hoffnung, dass Alben dennoch überleben können?
Vor und nach Led Zeppelin gab es immer Menschen, die ein Album als Katalog betrachtet haben, ein Testament, das eine bestimmte Phase in der Entwicklung einer Band darstellte. Alles andere waren Konzerte, die drum herum passierten. Die Rolling Stones sind ein Beispiel für eine Band, die Singles-Alben machten. Sie brachten bei jedem Album mehrere Singles heraus. Das Problem mit dieser Strategie ist, dass es sich dann auf der Platte um einzelne Songs handelt, nicht um ein Gesamtwerk. Und dann fragt die Plattenfirma beim nächsten Album sofort, wo ist das „Whole lotta Love“auf diesem Album, wo ist der nächste Hit? Genau das wollte ich immer vermeiden, indem ich Alben präsentierte, die von hoher Qualität waren.
Als John Bonham 1980 starb, löste sich Led Zeppelin auf. Unterscheidet Sie das von anderen Bands?
Schauen Sie, ich liebe die Stones, ich liebte, wie Charlie Watts spielte und die Connection, die er zu Keith und den anderen hatte. Die übten das vor jeder Tournee. Led Zeppelin war anders, wir improvisierten viel mehr bei Livekonzerten. Und nach vielen Jahren mit John Bonham konnten wir uns nicht vorstellen, dasselbe mit jemand Neuem zu tun. Nehmen wir nur „Good Times Bad Times“her, das ist fast unspielbar. Du wirst keinen anderen Drummer finden, der diese Sequenz längere Zeit spielen kann, aber John schaffte das oft eine halbe Stunde lang.
Wie entstand „Stairway to Heaven“?
Ich hatte ein paar Sections geschrieben und begann, sie mit John Paul Jones und John Bonham in einem alten Landhaus in Headley Grange zu proben, wo wir ein Aufnahmestudio hatten. Und Robert Plant saß nur rum mit einem Heft in der Hand. Irgendwann stand er auf, kam zu uns und begann praktisch 90 % der Lyrics zu singen. Wir wurden durch den Ort inspiriert, in dem wir uns befanden, und der langsame Aufbau zu einem Crescendo, das war völlig neu in einem Rocksong, das hatte es vorher nur in der klassischen Musik gegeben.