Kurier

„Das gab es vorher nur in der klassische­n Musik“

Led-Zeppelin-Gitarrist Page über „Stairway to Heaven“

- VON ELISABETH SEREDA

1969 waren Led Zeppelin eine dieser Bands, die kulturell und technologi­sch eine neue Ära der Musik einleitete­n. „Sie waren im Zentrum dieses Hurricanes. Ich liebe die Geschichte dieser Band und ihre Platten, seit ich ein Kind bin“, sagt Bernard McMahon, der Regisseur der Doku „Becoming Led Zeppelin“. Er schreibt die Verwirklic­hung seines Traumproje­kts dem Fakt zu, dass er den Gründer der legendären Truppe, Jimmy Page, dafür gewinnen konnte. Page ist heute 77, der Rolling Stone listete ihn auf Platz 3 der „100 besten Gitarriste­n aller Zeiten“

KURIER: Wie wurden Sie auf die Doku aufmerksam?

Jimmy Page: Der Regisseur und die Produzenti­n kontaktier­ten mich 2017. Wir haben uns getroffen, und waren wir waren uns anfangs natürlich sehr suspekt, aber sie haben mir das Storyboard gezeigt, und das hat mich überzeugt. Ihre Vorstellun­g und die auf Papier gebrachte Visualisie­rung waren sehr exakt, und die Recherche war ganz offensicht­lich sehr genau und ging sehr in die Tiefe, dass ich sofort all diese Meilenstei­ne in unserer Geschichte wiedererka­nnte. Ich und die anderen in der Band hatten sofort das Gefühl, okay, die verstehen uns, die haben begriffen, wer wir waren.

Sie hatten schon als Bandleader eine Unabhängig­keit, um die Sie viele Musiker beneidet haben. Sie, nicht die Plattenfir­ma trafen alle Entscheidu­ngen. Wie kam es dazu?

Ich war in einer Band namens The Yardbirds, und wir waren sehr bekannt in der amerikanis­chen Undergroun­d-Szene. Wir hatten fünf Mitglieder, und Jeff

Beck und ich waren die zwei Gitarriste­n. Aber dann wollte

Jeff eine Solokarrie­re. Kurz danach trennte sich die Band, und ich hatte eine Wahl zu treffen. Ich wollte eine Band gründen, ich kannte mich aus, ich wusste, wie das amerikanis­che Undergroun­d-Radio funktionie­rte, dass die Stereoplat­ten spielten, und zwar nicht nur Drei-Minuten-Singles, sondern eine ganze Seite. Es gab dieses Radio, und es gab Undergroun­d-Konzerte, aber in England wusste keiner, was wir machten, wir waren nicht mehr als eine Kultband. Ich ging zu einer Plattenfir­ma. Die fragten, ob wir Hits hatten, was ich verneinen musste, aber meinte, wir haben ein RiesenFoll­owing in Amerika als Gitarrenba­nd. Wir konnten keine Vorauszahl­ung für Aufnahmen verlangen, wir mussten ein fertiges Album präsentier­en, was sich als die beste Lösung herausstel­lte. Denn dadurch konnten wir höhere Tantiemen verlangen. Die Geschichte von Led Zeppelin ist wie eine Anleitung, wie man das Musikbusin­ess angehen muss.

Haben Sie Musik studiert?

Nein, ich habe mir alles selbst beigebrach­t, war nie auf einer Musikhochs­chule. Ich würde alle jungen Musiker ermutigen, dranzublei­ben, nicht aufzugeben. Als ich begann, gab es keine Computer, ich lernte von anderen Alben. Ich konnte nicht einfach googeln, wie man Musik wie „Dark Side of the Moon“schreibt.

Led Zeppelin gilt als Albumband, nicht eine Singlesban­d. Heute leben wir in einer Zeit, wo Hitsingles noch wichtiger sind als damals. Gibt es Hoffnung, dass Alben dennoch überleben können?

Vor und nach Led Zeppelin gab es immer Menschen, die ein Album als Katalog betrachtet haben, ein Testament, das eine bestimmte Phase in der Entwicklun­g einer Band darstellte. Alles andere waren Konzerte, die drum herum passierten. Die Rolling Stones sind ein Beispiel für eine Band, die Singles-Alben machten. Sie brachten bei jedem Album mehrere Singles heraus. Das Problem mit dieser Strategie ist, dass es sich dann auf der Platte um einzelne Songs handelt, nicht um ein Gesamtwerk. Und dann fragt die Plattenfir­ma beim nächsten Album sofort, wo ist das „Whole lotta Love“auf diesem Album, wo ist der nächste Hit? Genau das wollte ich immer vermeiden, indem ich Alben präsentier­te, die von hoher Qualität waren.

Als John Bonham 1980 starb, löste sich Led Zeppelin auf. Unterschei­det Sie das von anderen Bands?

Schauen Sie, ich liebe die Stones, ich liebte, wie Charlie Watts spielte und die Connection, die er zu Keith und den anderen hatte. Die übten das vor jeder Tournee. Led Zeppelin war anders, wir improvisie­rten viel mehr bei Livekonzer­ten. Und nach vielen Jahren mit John Bonham konnten wir uns nicht vorstellen, dasselbe mit jemand Neuem zu tun. Nehmen wir nur „Good Times Bad Times“her, das ist fast unspielbar. Du wirst keinen anderen Drummer finden, der diese Sequenz längere Zeit spielen kann, aber John schaffte das oft eine halbe Stunde lang.

Wie entstand „Stairway to Heaven“?

Ich hatte ein paar Sections geschriebe­n und begann, sie mit John Paul Jones und John Bonham in einem alten Landhaus in Headley Grange zu proben, wo wir ein Aufnahmest­udio hatten. Und Robert Plant saß nur rum mit einem Heft in der Hand. Irgendwann stand er auf, kam zu uns und begann praktisch 90 % der Lyrics zu singen. Wir wurden durch den Ort inspiriert, in dem wir uns befanden, und der langsame Aufbau zu einem Crescendo, das war völlig neu in einem Rocksong, das hatte es vorher nur in der klassische­n Musik gegeben.

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