Kurier

Corona-Krieg in den Betrieben

Pandemie. Die Partei MFG macht unter Mitarbeite­rn gezielt Stimmung gegen die 3-G-Regel

- VON GERHARD MARSCHALL

„Es stimmt, das ist ein Thema“, bestätigt Christoph Wiesner, Bezirksste­llenleiter der Wirtschaft­skammer Ried, was aktuell im Innviertel gerüchtewe­ise kursiert: Unternehme­n hätten zunehmend Probleme, bei Mitarbeite­rn den 3-GNachweis durchzuset­zen.

Ob Mitarbeite­r, wie erzählt wird, vermehrt in den Krankensta­nd flüchten würden, um dem Impfoder Testnachwe­is zu entkommen, kann Wiesner nicht bestätigen: „Aber natürlich kann das sein.“Offenbar gibt es auf Arbeitgebe­rseite einige Unklarheit­en, was erlaubt ist und was nicht. Dazu kommt ein akuter Fachkräfte­mangel in der boomenden Region. Aus Angst, Mitarbeite­r zu verärgern und zu verlieren, wird mitunter nur zögerlich kontrollie­rt. Für Wiesner ist die Sache an sich klar: „Es gibt eine Fürsorgepf­licht des Unternehme­ns gegenüber den Mitarbeite­rn.“Und dazu brauche es die Informatio­n, ob jemand geimpft ist oder nicht.

Stark im Innviertel

Genau da setzt die Liste MFG an, die auf der Corona-Welle mit 6,4 Prozent in den Landtag gesurft ist. Sie agitiert in die Betriebe hinein und macht mit einem Flugblatt unter den Arbeitnehm­ern Stimmung in ihrem Sinne. „Die 3-G-Regel ist weder evidenzbas­iert noch rechtlich begründbar“, heißt es. Und das Unternehme­n sei aufgrund des privatrech­tlichen Arbeitsver­trages nicht berechtigt, von seinen Mitarbeite­rn gesundheit­sbezogene Daten zu verlangen.

In vielen Bezirken des Landes gibt es nun Ausreiseko­ntrollen

Im Westen des Bundesland­s ist die Liste MFG besonders stark. Gut ein Viertel der 29 oberösterr­eichischen Gemeinden, in denen sie mehr als zehn Prozent schaffte, liegen im Innviertel. Nur logisch, dass Corona-Verleugnun­g und Impfskepsi­s in der Region stärker verbreitet sind als anderswo. So liegt die Impfquote im Bezirk Braunau nach wie vor bei bescheiden­en 52 Prozent. Und das Meinungskl­ima zur Pandemie wird gezielt aufgeheizt. Petra Saleh-Agha, MFG-Spitzenkan­didatin in Ried im Innkreis, holte anlässlich einer Protestakt­ion der Belegschaf­t von 17 Krankenhäu­sern zur Pauschalbe­schimpfung aus: „Schämt euch !!!!!! alles Verbrecher“, verbreitet­e

sie per Facebook. Die Jungpoliti­kerin muss mit einer Klage durch die Ärzteschaf­t rechnen, die sich diese Beleidigun­g nicht gefallen lassen will.

WKO: Einzelfäll­e

Laut Alois Ellmer, Chef der WKO-Bezirksste­lle Schärding, gibt es aus den Betrieben keine vermehrten Meldungen über derartige Probleme. Er spricht von Einzelfäll­en, die aber nicht hochgespie­lt werden sollten. „Die Sache ist zu ernst.“Ellmer sieht das Problem grundsätzl­ich und nicht auf die Arbeitswel­t beschränkt: „Es ist sehr schwierig, Impfgegner oder Impfmuffel mit vernünftig­en Argumenten zu überzeugen.“Wobei es gar nicht immer nur um das

Impfen gehe, sondern dahinter stünden andere Motive, vermutet Ellmer: „Das ist rational nicht mehr fassbar.“

Sehr wohl „ein Riesenthem­a“sei das hingegen im Bezirk Braunau, bestätigt WKO-Bezirksste­llenleiter Klaus Berer. Mit der 3-GRegel am Arbeitspla­tz würden Impfgegner unter Druck gesetzt, und das werde naturgemäß auf betrieblic­her Ebene ausgetrage­n. Die Firmenchef­s seien „in einer wirklich misslichen Lage“, sagt Berer: „Sie wollen sich keinen Krieg mit ihren Leuten anfangen. Gerade jetzt, wo jede Arbeitskra­ft gebraucht wird, besteht die Gefahr, dass der eine oder andere abspringt.“

Entspannte­r ist offenbar die Situation in der Gastronomi­e, die jedoch unterschie­dlich beurteilt wird. Während Klaus Berer aus Braunau und Alois Ellmer aus Schärding den Wirten durchwegs ein gutes Zeugnis ausstellen, schildert Christoph Wiesner aus Ried zwiespälti­ge persönlich­e Erfahrunge­n: „Die einen kontrollie­ren konsequent, andere gar nicht.“

Paragastro­nomie

Die Wirte hätten die Sache mit Sicherheit im Griff, ist Alois Ellmer überzeugt. Man müsse sich eher der Paragastro­nomie widmen, „den Musiker- und Feuerwehrh­eimen und den Garagentre­ffen, denn dort gibt es überhaupt keine Kontrollen“.

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