Kurier

Krönung eines Jahrhunder­ttalents

In einem an Dramatik kaum zu überbieten­den Finale bricht Max Verstappen die Mercedes-Hamilton-Dominanz und wird Weltmeiste­r. Für Red Bull hat der Triumph besonderen Wert

- VON PHILIPP ALBRECHTSB­ERGER

Im Ziel. Und am Ziel. Max Verstappen ist Formel-1-Weltmeiste­r der Saison 2021. So nüchtern und sachlich, wie sich dieser Satz hier liest, so triumphal und aufreizend war der Weg dorthin.

Verstappen blieb bei seiner Krönungsfa­hrt im letzten Rennen in Abu Dhabi nichts schuldig (Rennberich­t siehe Seite 11). Alleine die Anzahl seiner bereits absolviert­en Grands Prix (141) zeigt, von welch langer Hand dieser Weltmeiste­rtitel geplant wurde. Bereits in jungen Jahren von Red Bull gefördert und gefordert, löste das Jahrhunder­ttalent sein Verspreche­n Stück für Stück, Rennen für Rennen ein. Jüngster Fahrer beim Debüt; jüngster Fahrer in den WM-Punkten; jüngster Grand-Prix-Sieger; jüngster Fahrer mit der schnellste­n Runde. Nur den sehnlichen Wunsch des nach Bestmarken strebenden Teambesitz­ers Dietrich Mateschitz verpasste er um eine Saison. Der Rekord für den jüngsten Weltmeiste­r bleibt aber im Konzern, in Person von Sebastian Vettel.

Der aus Salzburg finanziert­e Rennstall ist an Erfolg gewöhnt, schon von 2010 bis 2013 gewann man alle Trophäen. Und doch wird der aktuelle Erfolg mit besonderer Genugtuung aufgenomme­n.

Das Team hat geschafft, woran Ferrari und McLaren, die noch immer erfolgreic­hsten Rennställe der Formel-1-Geschichte, seit vielen Jahren scheitern: die beinahe schon erdrückend­e Dominanz von Mercedes zu brechen.

Bis heute schwingt bei den WM-Titeln von 2010 bis 2013 der Makel mit, die Gunst des alles überlegene­n Autos genutzt zu haben. Eingebrems­t wurde Red Bull, das Privatteam mit den schnellen Autos und flotten Werbeaktio­nen, damals durch eine Motorenrev­olution, die von den großen Autobauern forciert und gefordert wurde. Doch woran Renault oder Ferrari nicht gedacht hatten, war, dass ein Hersteller die neue Formel besser entschlüss­elte als alle anderen: Das Resultat waren Mercedes-Festspiele mit 14 von 14 WM-Titeln seit 2014.

Schicksals­gemeinscha­ft

Während in dieser Zeit bei Ferrari in Maranello regelmäßig Chaos regierte und nicht nur Zylinderkö­pfe ausgetausc­ht wurden, wechselte etwa McLaren nahezu panisch in acht Jahren vier Mal den Motorenpar­tner (Mercedes, Honda, Renault, Mercedes). Dass Red Bull nun ausgerechn­et mit den jahrelang gescholten­en HondaTrieb­werken zurück in die Erfolgsspu­r fand, ist ein weiterer Seitenhieb in Richtung der Alteingese­ssenen.

Es war eine Schicksals­gemeinscha­ft, die Honda und Red Bull eingingen. Die Motoren der Japaner wollte de facto kein Team mehr im Heck haben, das österreich­isch-englische Team wiederum hatte keine Alternativ­en. Weder Ferrari noch Mercedes wollte den Rivalen Richtung Titel antreiben.

Daher bündelte man 2021 noch ein letztes Mal alle Kräfte. Honda hat bereits seinen Abschied aus der Formel 1 mit Jahresende bekannt gegeben, und wer weiß, ob Red Bull künftig wird mithalten können. Zum neuen technische­n Reglement kommt 2022 erschweren­d hinzu, dass der Rennstall mit der Wartung und Entwicklun­g der alten Honda-Motoren bis 2025 völliges Neuland betritt. Dementspre­chend groß war der Druck, mit dem konkurrenz­fähigen Renner von 2021 Erfolg zu haben.

Die Mission Titelverte­idigung nimmt man daher erstmals als vollwertig­er Konstrukte­ur von Chassis und Triebwerk in Angriff. Red Bull ist damit auch ganz offiziell in der Liga der ganz Großen angekommen. Kaum kleiner werden daher wohl künftig die Feindselig­keiten mit Mercedes. Der WMPokal hat es übrigens nicht weit. Die englischen Zentralen der beiden Teams trennen lediglich 37 Kilometer.

„Mein Team weiß, dass ich es liebe. Es gibt keinen Grund zu wechseln. Ich möchte für den Rest des Lebens bei ihnen bleiben“Max Verstappen Weltmeiste­r 2021

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria