Krönung eines Jahrhunderttalents
In einem an Dramatik kaum zu überbietenden Finale bricht Max Verstappen die Mercedes-Hamilton-Dominanz und wird Weltmeister. Für Red Bull hat der Triumph besonderen Wert
Im Ziel. Und am Ziel. Max Verstappen ist Formel-1-Weltmeister der Saison 2021. So nüchtern und sachlich, wie sich dieser Satz hier liest, so triumphal und aufreizend war der Weg dorthin.
Verstappen blieb bei seiner Krönungsfahrt im letzten Rennen in Abu Dhabi nichts schuldig (Rennbericht siehe Seite 11). Alleine die Anzahl seiner bereits absolvierten Grands Prix (141) zeigt, von welch langer Hand dieser Weltmeistertitel geplant wurde. Bereits in jungen Jahren von Red Bull gefördert und gefordert, löste das Jahrhunderttalent sein Versprechen Stück für Stück, Rennen für Rennen ein. Jüngster Fahrer beim Debüt; jüngster Fahrer in den WM-Punkten; jüngster Grand-Prix-Sieger; jüngster Fahrer mit der schnellsten Runde. Nur den sehnlichen Wunsch des nach Bestmarken strebenden Teambesitzers Dietrich Mateschitz verpasste er um eine Saison. Der Rekord für den jüngsten Weltmeister bleibt aber im Konzern, in Person von Sebastian Vettel.
Der aus Salzburg finanzierte Rennstall ist an Erfolg gewöhnt, schon von 2010 bis 2013 gewann man alle Trophäen. Und doch wird der aktuelle Erfolg mit besonderer Genugtuung aufgenommen.
Das Team hat geschafft, woran Ferrari und McLaren, die noch immer erfolgreichsten Rennställe der Formel-1-Geschichte, seit vielen Jahren scheitern: die beinahe schon erdrückende Dominanz von Mercedes zu brechen.
Bis heute schwingt bei den WM-Titeln von 2010 bis 2013 der Makel mit, die Gunst des alles überlegenen Autos genutzt zu haben. Eingebremst wurde Red Bull, das Privatteam mit den schnellen Autos und flotten Werbeaktionen, damals durch eine Motorenrevolution, die von den großen Autobauern forciert und gefordert wurde. Doch woran Renault oder Ferrari nicht gedacht hatten, war, dass ein Hersteller die neue Formel besser entschlüsselte als alle anderen: Das Resultat waren Mercedes-Festspiele mit 14 von 14 WM-Titeln seit 2014.
Schicksalsgemeinschaft
Während in dieser Zeit bei Ferrari in Maranello regelmäßig Chaos regierte und nicht nur Zylinderköpfe ausgetauscht wurden, wechselte etwa McLaren nahezu panisch in acht Jahren vier Mal den Motorenpartner (Mercedes, Honda, Renault, Mercedes). Dass Red Bull nun ausgerechnet mit den jahrelang gescholtenen HondaTriebwerken zurück in die Erfolgsspur fand, ist ein weiterer Seitenhieb in Richtung der Alteingesessenen.
Es war eine Schicksalsgemeinschaft, die Honda und Red Bull eingingen. Die Motoren der Japaner wollte de facto kein Team mehr im Heck haben, das österreichisch-englische Team wiederum hatte keine Alternativen. Weder Ferrari noch Mercedes wollte den Rivalen Richtung Titel antreiben.
Daher bündelte man 2021 noch ein letztes Mal alle Kräfte. Honda hat bereits seinen Abschied aus der Formel 1 mit Jahresende bekannt gegeben, und wer weiß, ob Red Bull künftig wird mithalten können. Zum neuen technischen Reglement kommt 2022 erschwerend hinzu, dass der Rennstall mit der Wartung und Entwicklung der alten Honda-Motoren bis 2025 völliges Neuland betritt. Dementsprechend groß war der Druck, mit dem konkurrenzfähigen Renner von 2021 Erfolg zu haben.
Die Mission Titelverteidigung nimmt man daher erstmals als vollwertiger Konstrukteur von Chassis und Triebwerk in Angriff. Red Bull ist damit auch ganz offiziell in der Liga der ganz Großen angekommen. Kaum kleiner werden daher wohl künftig die Feindseligkeiten mit Mercedes. Der WMPokal hat es übrigens nicht weit. Die englischen Zentralen der beiden Teams trennen lediglich 37 Kilometer.
„Mein Team weiß, dass ich es liebe. Es gibt keinen Grund zu wechseln. Ich möchte für den Rest des Lebens bei ihnen bleiben“Max Verstappen Weltmeister 2021