Stadt droht 13-jähriger Klima-Aktivistin mit Klage
Stadträtin Sima verteidigt das Vorgehen, bietet aber Gespräche an
Die Kontroversen rund um die Besetzung der Baustelle für die Stadtstraße in der Donaustadt reißen nicht ab. Wie berichtet, haben zuletzt 40 bis 50 Aktivisten und Organisationen im Auftrag der Stadt Anwaltsbriefe bekommen, in denen sie aufgefordert werden, die Bauarbeiten nicht mehr zu behindern. Ansonsten komme es zu rechtlichen Schritten.
Unter den Adressaten waren auch Personen, die gar nicht aktiv an der Besetzung teilgenommen, sondern höchstens öffentlich ihre Unterstützung kundgetan haben, wie sie beteuern.
Wie sich jetzt herausstellt, haben sogar eine 13-Jährige und eine 14-Jährige Klagsdrohungen bekommen. Die Schülerinnen aus Mödling engagieren sich im Jugendrat, der die Besetzung mitorganisiert. Laut Lena Schilling vom Jugendrat hätten sich die beiden aber großteils im angemeldeten Protestcamp aufgehalten und die besetzte Baustelle nur kurz besucht. „Sie waren völlig aufgelöst, als sie den Brief bekommen haben.“
Vollkommen unklar sei, wie die Stadt überhaupt zu den Namen der beiden Schülerinnen gekommen sei. Eine ähnliche Frage stellt sich Verkehrsplanerin Barbara Laa, die an der TU Wien forscht und für Verkehrsberuhigung eintritt: Der „Drohbrief“an sie wurde an die Adresse ihrer Mutter geschickt.
„Neue Dimension“
Auch Wolfgang Rehm von der Umweltorganisation Virus, die sich gegen Lobautunnel, Nordostumfahrung und Stadtstraße engagiert, hat Post bekommen. Er habe sich nicht an der Besetzung beteiligt oder dazu aufgerufen, betont er. Er sei lediglich auf zwei Kundgebungen im öffentlichen Raum als Redner aufgetreten. „Es ist eine neue Dimension, dass man gegen Kritiker, die sich öffentlich äußern, auf diese Wiese vorgeht“, kritisiert Rehm.
Indes bereiten sich die Aktivsten auf eine mögliche Räumung vor. Es wird darauf geachtet, dass rund um die Uhr Mitstreiter anwesend sind. „In der Nacht auf Montag haben 60 Leute vor Ort übernachtet“, sagt Schilling.
Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) bedauert im KURIER-Gespräch, dass die beiden Schülerinnen den Brief bekommen haben, weist den Vorwurf der Willkür aber zurück: „Wir haben uns sehr genau angeschaut, wer die Besetzung organisiert, sich daran beteiligt oder aufgerufen hat, mitzumachen.“Laut ihren Infos gebe es von den beiden Betroffenen Fotos, die sie im Camp beim Aufhängen von Tafeln zeigen würden. Sima betont auch, dass es bei manchen der beteiligten Organisationen oft sehr schwer sei, eine zuständige Person zu finden, der man den Brief zustellen könne. Denn um sich vor rechtlichen Schritten zu schützen, würde man sich hinter der Anonymität verstecken.
„Provokationen“
Laut Sima habe die Stadt nun „dreieinhalb Monate versucht, die Lage zu deeskalieren“. Die Besetzer hätten mit Provokationen geantwortet – etwa mit der Errichtung eines Gebäudes oder der Abhaltung von Rave-Partys.
Einmal mehr verweist sie darauf, dass die Stadtstraße notwendig sei, um in diesem Gebiet Wohnungen für 60.000 Menschen zu errichten. Dies werde durch die Besetzung verhindert. Ob es nun zu einer Räumung kommt, ist offen. „Ich hoffe auf eine Lösung ohne Gericht“, so Sima. Sie stehe den Aktivisten für persönliche Gespräche zur Verfügung. Allerdings nicht in der Öffentlichkeit.