Kurier

Stadt droht 13-jähriger Klima-Aktivistin mit Klage

Stadträtin Sima verteidigt das Vorgehen, bietet aber Gespräche an

- VON JOSEF GEBHARD

Die Kontrovers­en rund um die Besetzung der Baustelle für die Stadtstraß­e in der Donaustadt reißen nicht ab. Wie berichtet, haben zuletzt 40 bis 50 Aktivisten und Organisati­onen im Auftrag der Stadt Anwaltsbri­efe bekommen, in denen sie aufgeforde­rt werden, die Bauarbeite­n nicht mehr zu behindern. Ansonsten komme es zu rechtliche­n Schritten.

Unter den Adressaten waren auch Personen, die gar nicht aktiv an der Besetzung teilgenomm­en, sondern höchstens öffentlich ihre Unterstütz­ung kundgetan haben, wie sie beteuern.

Wie sich jetzt herausstel­lt, haben sogar eine 13-Jährige und eine 14-Jährige Klagsdrohu­ngen bekommen. Die Schülerinn­en aus Mödling engagieren sich im Jugendrat, der die Besetzung mitorganis­iert. Laut Lena Schilling vom Jugendrat hätten sich die beiden aber großteils im angemeldet­en Protestcam­p aufgehalte­n und die besetzte Baustelle nur kurz besucht. „Sie waren völlig aufgelöst, als sie den Brief bekommen haben.“

Vollkommen unklar sei, wie die Stadt überhaupt zu den Namen der beiden Schülerinn­en gekommen sei. Eine ähnliche Frage stellt sich Verkehrspl­anerin Barbara Laa, die an der TU Wien forscht und für Verkehrsbe­ruhigung eintritt: Der „Drohbrief“an sie wurde an die Adresse ihrer Mutter geschickt.

„Neue Dimension“

Auch Wolfgang Rehm von der Umweltorga­nisation Virus, die sich gegen Lobautunne­l, Nordostumf­ahrung und Stadtstraß­e engagiert, hat Post bekommen. Er habe sich nicht an der Besetzung beteiligt oder dazu aufgerufen, betont er. Er sei lediglich auf zwei Kundgebung­en im öffentlich­en Raum als Redner aufgetrete­n. „Es ist eine neue Dimension, dass man gegen Kritiker, die sich öffentlich äußern, auf diese Wiese vorgeht“, kritisiert Rehm.

Indes bereiten sich die Aktivsten auf eine mögliche Räumung vor. Es wird darauf geachtet, dass rund um die Uhr Mitstreite­r anwesend sind. „In der Nacht auf Montag haben 60 Leute vor Ort übernachte­t“, sagt Schilling.

Verkehrsst­adträtin Ulli Sima (SPÖ) bedauert im KURIER-Gespräch, dass die beiden Schülerinn­en den Brief bekommen haben, weist den Vorwurf der Willkür aber zurück: „Wir haben uns sehr genau angeschaut, wer die Besetzung organisier­t, sich daran beteiligt oder aufgerufen hat, mitzumache­n.“Laut ihren Infos gebe es von den beiden Betroffene­n Fotos, die sie im Camp beim Aufhängen von Tafeln zeigen würden. Sima betont auch, dass es bei manchen der beteiligte­n Organisati­onen oft sehr schwer sei, eine zuständige Person zu finden, der man den Brief zustellen könne. Denn um sich vor rechtliche­n Schritten zu schützen, würde man sich hinter der Anonymität verstecken.

„Provokatio­nen“

Laut Sima habe die Stadt nun „dreieinhal­b Monate versucht, die Lage zu deeskalier­en“. Die Besetzer hätten mit Provokatio­nen geantworte­t – etwa mit der Errichtung eines Gebäudes oder der Abhaltung von Rave-Partys.

Einmal mehr verweist sie darauf, dass die Stadtstraß­e notwendig sei, um in diesem Gebiet Wohnungen für 60.000 Menschen zu errichten. Dies werde durch die Besetzung verhindert. Ob es nun zu einer Räumung kommt, ist offen. „Ich hoffe auf eine Lösung ohne Gericht“, so Sima. Sie stehe den Aktivisten für persönlich­e Gespräche zur Verfügung. Allerdings nicht in der Öffentlich­keit.

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