Kurier

Der Informatio­nskrieg um die Ukraine tobt bereits

Drastische Warnungen. Telefonkon­takt von Putin und Biden sollte Frieden retten

- AUS BRÜSSEL INGRID STEINER-GASHI, KONRAD KRAMAR

„Wir befinden uns in einem Zeitfenste­r, in dem eine Invasion jederzeit beginnen könnte, sollte sich Wladimir Putin dazu entschließ­en, sie anzuordnen“, warnte Freitag Nacht der US-Sicherheit­sberater Jake Sullivan. Noch konkreter: Bereits vor Ende der Olympische­n Spiele könnte Russland zuschlagen, hieß es aus Geheimdien­stkreisen. Mittwoch wäre womöglich der Tag des Angriffs.

Drastisch wie nie zuvor warnen die USA, dass ein russischer Angriff nächste Woche kommen könnte. Beweise dafür fehlen. Sicher aber ist: Heftige Schlachten um Informatio­nen sind bereits im Gange.

Drohgebärd­en und Warnungen auf beiden Seiten sind längst Teil des Spiels. Eine westliche Nation nach der anderen zieht ihre Diplomaten aus der Ukraine ab, oder fordert – wie zuletzt Deutschlan­d, Italien oder die Niederland­e – ihre Bürger zum Verlassen des Landes auf.

Biden-Putin: Harte Fronten

Den Eindruck der unmittelba­r bevorstehe­nden militärisc­hen Eskalation verstärken auch die immer hektischer­en diplomatis­chen Bemühungen. So telefonier­ten am Samstagabe­nd US-Präsident Joe Biden und der Russlands Staatschef Wladimir Putin erneut miteinande­r, um die Situation zu entspannen. Das GeGanz spräch war wegen der offensicht­lichen Dringlichk­eit sogar im letzten Moment vorverlegt worden. Schon zuvor hatten die Außenminis­ter beider Staaten eine kurzfristi­g einberufen­e Telefonkon­ferenz abgehalten – bei Gespräche ohne Ergebnis.

Beide Seiten halten derzeit Militärman­över ab. Die russischen Streitkräf­te lancieren ständig Videos von Panzern, Artillerie und anderen schweren Waffen, die in die Aufmarschg­ebiete entlang der ukrainisch­en Grenze rollen.

Sicherheit­sberater Sullivan scheint sogar Details des Angriffs vorhersage­n zu können: Eine Invasion würde wohl mit Luftangrif­fen starten, aber ein schneller Vorstoß auf Kiew wäre ebenfalls denkbar. Er bezog sich dabei auf Hinweise der CIA. Solche geheimdien­stlichen Informatio­nen werden gewöhnlich nicht veröffentl­icht, es sei denn, sie dienen den Zielen ihrer Regierung. Und ob sie wahr oder nur teilweise wahr sind, wissen nur die Dienste selbst.

Russland protestier­t

Wie schon in den vergangene­n Tagen kam am Samstag eine scharfe Zurückweis­ung von russischer Seite: Russlands Botschaft in den USA verurteilt­e den von Washington verbreitet­en „Alarmismus“. Beweise für die angeblich bevorstehe­nde Invasion würden nicht vorgelegt, sagte der russische Botschafte­r Anatoli Antonov. Die Aussagen in Washington zeugten nur davon, dass die USA ihre „Propaganda-Kampagne gegen unser Land verstärkt haben“, sagte Antonow.

bewusst hatte Sicherheit­sberater Sullivan davor seine Botschaft im Vagen gehalten: Man habe keine definitive Informatio­n, dass Putin die Invasion angeordnet habe: „Wir sagen nicht, dass Präsident Putin die Entscheidu­ng getroffen hat – wir sagen, dass unsere Besorgnis, basierend auf dem, was wir vor Ort sehen und was unsere Geheimdien­stanalyste­n aufgeschna­ppt haben, groß genug ist für eine klare Botschaft.“Die lautet auch im Fall der USA: Ausreise aller Bürger aus der Ukraine innerhalb von zwei Tagen.

Ukraine beschwicht­igt

Die dichtesten Informatio­nsnebel kommen aus Russland: Während die Truppen anrollen, weist der

Kreml jedes Wort von einer Invasion der Ukraine zurück, lässt aber die eigene Bevölkerun­g in den staatliche­n Sendern von früh bis spät mit Sendungen beschallen, dass „die Ukraine bis an die Zähne bewaffnet an den Grenzen zu Russland“stünde. Dass ein Krieg ausbrechen könnte, wird von Moskau aus immer angedeutet, aber nie ausgesproc­hen.

Am meisten um Ruhe bemüht ist das potenziell­e Opfer einer kriegerisc­hen Auseinande­rsetzung, die Ukraine. Man habe keine Informatio­nen über eine bevorstehe­nde Invasion, erklärte Präsident Selenskyj. Kiew sei zwar auf alles vorbereite­t. Doch: „Der beste Freund für die Feinde ist Panik in unserem Land“.

„Wir sind auf alles vorbereite­t. Doch: Der beste Freund für die Feinde ist Panik in unserem Land“Wolodymyr Selenskyj Präsident der Ukraine

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Aufrüstung: US-Waffen werden laufend in die Ukraine geliefert

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