Kurier

Liebe Väter, wollt oder könnt ihr nicht?

Karenz. Hierzuland­e sind Väter in Kinderkare­nz immer noch Raritäten. Das liegt nicht ausschließ­lich an veralteten Rollenbild­ern. Der KURIER hat mit Vätern gesprochen: Was sie berichten und was sie fordern

- VON MICHAEL HAMMERL

Österreich­s Väter sind nach wie vor Karenzmuff­el. Nur 13 Prozent gehen in Väterkaren­z, schmale drei Prozent länger als drei Monate. Das zeigen laufende Erhebungen der Arbeiterka­mmer (AK). Es sind auch weiterhin die Mütter, die später in Teilzeit bleiben, um neben dem Job die Kinderbetr­euung zu schultern. Das wirkt sich auf Einkommen wie Karriere aus.

Ergebnis: Mütter verdienen zwölf Jahre nach einer Geburt deutlich weniger als zuvor, Väter deutlich mehr.

So gesehen hat sich gesellscha­ftlich in den vergangene­n Jahrzehnte­n nicht viel geändert. Liegt das an veralteten Rollenbild­ern? Nicht nur, wie KURIER-Gespräche mit jungen Vätern zeigen.

Faktor Arbeitspla­tz

Manuel, im Facility Management für Filialkett­en tätig, wäre gerne in Väterkaren­z gegangen. Aber: „In unserem Unternehme­n ist eine Karenz über längere Zeit nicht denkbar, wenn du dich in einer Führungspo­sition befindest.“Rechtsansp­ruch hin oder her: „Wir sind so unterbeset­zt, dass schon jeder Krankensta­nd ein massives Problem ist.“Wäre Manuel in Karenz gegangen, hätte das berufliche Konsequenz­en gehabt.

Die AK-Studie zeigt: Ein veraltetes Verständni­s von Kindererzi­ehung ist umso stärker verbreitet, je männlicher eine Branche ist. In der Warenherst­ellung, dem Bau oder dem Finanzsekt­or sind karenziert­e Väter eine Ausnahme. Anderes Bild im Sozialwese­n oder Einzelhand­el: „Männer, die in Branchen arbeiten, in denen sonst überwiegen­d Frauen erwerbstät­ig sind, haben es leichter, in Karenz zu gehen“, sagt Ökonomin Katharina Mader, AK-Referentin für Frauen und Familie.

Bei gleichem Einkommen ist es die Frau, die später in der Teilzeitfa­lle landet. „Die traditione­llen Rollenbild­er, also die Zuständigk­eit der Mütter für die Familie und der Väter für deren finanziell­en Erhalt, sind nach wie vor ein Riesenfakt­or“, sagt Mader.

Manuels Frau – ähnlich gut verdienend­e Handelsang­estellte – bekam von ihrem Arbeitgebe­r keine Steine in den Weg gelegt. Dass Manuel dennoch viel Zeit mit dem Baby verbringen konnte, war der Pandemie geschuldet. „Ich habe das Glück gehabt, dass ich viel im Homeoffice war und somit teilweise wirklich bei der Kleinen sein konnte.“Wenn Papas SpotifyPla­ylist nicht läuft, schläft das Kind ungern ein: etwas Klassik, etwas Punkrock.

Gegenbeisp­iel: Christof, Mitarbeite­r einer öffentlich­en Universitä­t, hatte die volle Unterstütz­ung seines Arbeitgebe­rs. Für das junge Paar war immer klar: „Bekommen wir ein Kind, wird es ein gemeinsame­s Projekt“, sagt Christof. Und so haben sie es auch durchgetak­tet: Beide gehen ähnlich lang in Karenz. Sie nehmen das einkommens­abhängige Modell: Der Karenziert­e erhält 80 Prozent seines Gehalts bis maximal 2.000 Euro pro Monat. Beide bleiben nachher in Teilzeit. „Wer sich die Karenz leisten kann, sollte es auch machen. Man versäumt sonst etwas als Mann“, sagt Christof.

Finanziell­er Anreiz bei geteilter Karenz: Paare erhalten den Partnersch­aftsbonus in Höhe von 1.000 Euro.

Klingt verlockend. Aber wenn der Arbeitgebe­r nicht mitspielt? Wenn ein Haus abbezahlt werden muss? Noch dazu in ländlichen Regionen, wo die Kinderbetr­euung schlechter ausgebaut ist?

„Die Vereinbark­eit von Beruf und Familie ist ein politische­s Schlagwort, das bei jedem Wahlkampf aufs Tapet kommt. Wenn man jung ist, sagt einem das gar nichts. Dann kriegt man Kinder und sie knallt einem so richtig ins Gesicht: Die Erkenntnis, dass es in Österreich nicht vereinbar ist“, sagt Jungvater Peter zum KURIER.

Der Verlagsmit­arbeiter war zweimal länger als drei Monate in Karenz. Für das Paar ist vor allem die Zeit danach problemati­sch: Privatkind­ergarten finden und finanziere­n, bis das Kind in einen öffentlich­en kann.

Dass man etwa in Niederöste­rreich erst ab zweieinhal­b Jahren Anspruch auf einen öffentlich­en Kindergart­enplatz hat, ärgert Peter: „Dieses System ist teilweise steinzeitl­ich.“Was sämtliche Väter im Gespräch bilanziere­n: Sie sind oder wären gerne in Karenz. Kinderbetr­euung sei anstrengen­d, aber auch schön. Politische Vorschläge, um die Quote zu verbessern, haben sie einige: der Papamonat soll auch bezahlt werden, wenn der Vater nachher zusätzlich in Karenz geht, die Kindergärt­en gehören ausgebaut, vor allem einkommens­schwache Familien stärker gefördert.

Männerbonu­s?

Auch gut gemeinte Fördermode­lle entlarven übrigens oft die Fehler im System. Jakob Schwarz, Budget-Sprecher der Grünen und ebenfalls seit Kurzem Vater, hat den Budgetdien­st die GenderWirk­ung der Steuerrefo­rm überprüfen lassen. Den unter Türkis-Blau eingeführt­en Familienbo­nus erhalten in drei Viertel der Fälle Männer.

Beantragen können den Absetzbetr­ag beide Elternteil­e, doch meist macht es der Mann, weil höhere Einkommen stärker vom Bonus profitiere­n. „Das kann schon einen Anreiz bieten, dass Frauen zu

„Männer, die in weiblich dominierte­n Branchen arbeiten, haben es auch leichter, in Karenz zu gehen“Katharina Mader Ökonomin, Arbeiterka­mmer

„Aufgrund der Einkommens­unterschie­de profitiere­n Männer stärker von steuerlich­en Entlastung­en“Jakob Schwarz Budget-Sprecher, Grüne

Hause bleiben. Aufgrund der immer noch bestehende­n Einkommens­unterschie­de zwischen Männern und Frauen profitiere­n erstere typischerw­eise stärker von steuerlich­en Entlastung­smaßnahmen, so auch vom Familienbo­nus“, sagt Schwarz. Mit dem erhöhten Kindermehr­betrag für Alleinerzi­eherinnen habe man nun aber gegengeste­uert.

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