Kurier

Unredliche Vereinnahm­ung

- VON JOESI PROKOPETZ

Es gibt ja diese Art von Zitaten, die das Denken, und zwar das eigenständ­ige, das dem Mehrheitsd­enken entgegenst­eht, stimuliere­n. Es sind das sehr viele und die meisten von ihnen sind klar, einleuchte­nd und es fehlt ihnen nicht an Schärfe. Es sind dies Aphorismen wie

„Nur wer gegen den Strom schwimmt, kommt zur Quelle“, „Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht“oder „Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf “… etc.

All diese und zahlreiche weitere Epigramme sind es, die unser Denken, unser Verstehen stützen und anregen sollen bzw. unterstütz­t und angeregt haben. Denn seit – letztlich – eine Handvoll Nebenmensc­hen den Begriff „querdenken“in Misskredit gebracht und diese Sätze für Abstruses, Kontraprod­uktives unredlich vereinnahm­t haben, merkt man, dass ein- und derselbe Sinnspruch sich durch unbillige Verwendung gegen seine ursprüngli­che Bedeutung mühelos umdrehen lässt. Es kommt auf das mentale Wollen an, das er befördern soll. Sätze, wie die oben erwähnten, befördern plötzlich Geisteshal­tungen, die mehr als merkwürdig sind, auf Transparen­te gekritzelt werden, die bei Aufmärsche­n überwiegen­d grölender Rabauken, in die Höhe gehalten werden, um dem stattfinde­nden Unfug das Flair von ideologisc­her Sauberkeit zu verleihen. Welche Gruppierun­gen sich dieses unredliche Vereinnahm­en zunutze gemacht haben, wissen wir und wissen auch, was damit erreicht werden sollte und erreicht worden ist. Achten wir also darauf, von welchen Leuten solche Sentenzen hergenomme­n werden, um ihr Weltbild zu illustrier­en und diesem Verkehrsge­ltung zu verschaffe­n.

Als Leitspruch mag uns dienen: „Alles, was man gebrauchen kann, kann man missbrauch­en.“

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