Kurier

Ein Schiff ist gekommen

Bilanz. Wolfgang Fischer, zehn Jahre Chef der Wiener Stadthalle, wechselte in die Geschäftsf­ührung der DDSG Blue Danube. Ein Gespräch über Kritik, Lieblingsa­bende und nicht realisiert­e Visionen

- VON MARCO WEISE

Wolfgang Fischer (60) hat sein neues Büro am Handelskai bereits bezogen. Das Quietschee­ntchen im Kapitänslo­ok (Bild), das ihm als Willkommen­sgeschenk überreicht wurde, schmückt auch bereits seinen neuen Schreibtis­ch. Der neue Ausblick aus dem Fenster kann sich sehen lassen: Donau statt Vogelweidp­ark, DDSG Blue Danube statt Wiener Stadthalle.

Für Fischer heißt es nun also Schifffahr­tzentrale statt größter Eventhalle Österreich­s.

KURIER: Nach zehn Jahren haben Sie mit Ende Jänner das Chef-Büro in der Wiener Stadthalle geräumt. Sind Sie wirklich freiwillig gegangen?

Wolfgang Fischer: Ja, weil ich mich mit großer Freude im wahrsten Sinne des Wortes zu neuen Ufern bewege. Ich habe in diesen Jahren viel erreicht: Rücklagen von 16,5 Mio., Eurovision Song Contest mit zehn Prozent BudgetUnte­rschreitun­g, Wetten, dass…?, Theaterpre­is Nestroy, Weihnachts­traum, Backstage-Führungen eingeführt und das Studio F als Ausstellun­gsfläche neu adaptiert – und das bei 1,1 Mio. Besuchern und 300 Veranstalt­ungen jährlich.

Ihren Job hat nun Matthäus Zelenka, ehemaliger Chef der Wien Ticket Gruppe, übernommen. Konnten Sie bei der Wahl Ihres Nachfolger­s ein Wörtchen mitreden?

Nein, und das wäre auch unüblich und würde ich nicht machen. Wien Holding-Chef Kurt Gollowitze­r kennt aus eigener Erfahrung ausgezeich­net den Betrieb – viele der oben erwähnten Erfolge haben wir gemeinsam erreicht – und braucht keine Zurufe.

Was wünschen Sie Ihrem Nachfolger?

Vor allem wünsche ich meinem Nachfolger, dass endlich das Live-Geschäft wieder angeht, Tipps hat Matthäus Zelenka nicht notwendig.

Was werden Sie an Ihrem alten Arbeitspla­tz vermissen?

Eine Vielzahl wahnsinnig engagierte­r, lieber Kolleginne­n und Kollegen, die tollen Künstler und Shows, die ich erleben durfte, das klasse Nibelungen­viertel und die „Piazza“Roland-Rainer-Platz.

Was war Ihr Lieblingsp­latz in der Stadthalle?

Das Foyer der Halle D oder Halle F wenn die Türen aufgehen und glückliche Menschen mit einem Lächeln im Gesicht in großer Vorfreude in die Halle drängen. Hoffentlic­h ist es bald wieder so weit.

Welchen Gast hätten Sie gerne noch persönlich in Empfang genommen?

Da gibt es viele. Von den jüngeren wie Billie Eilish, Taylor Swift, Ed Sheeran bis zu André Heller. Den Heller, der Wien wie kaum ein anderer verkörpert, habe ich mehrfach versucht, in die Halle F zu einem Erzähl-Konzert zu bewegen, wie er das damals zu seinem 60. Geburtstag im Radio Kulturhaus gemacht hat. Das ist mir leider nicht gelungen. Und nach dem genialen Format „Hauskonzer­t“, das vor wenigen Wochen auf ORFIII zu sehen war, wird es wohl auch nicht mehr gelingen, fürchte ich. Vielleicht bringe ich ihn aber noch auf ein Donau-Schiff. (lacht)

An welche Stars erinnern Sie sich gerne bzw. weniger gerne zurück?

Ich erinnere mich an alle gerne zurück. Ich mag nur jene nicht, die sich über ihr Publikum mit abfälligen Bemerkunge­n lustig machen. Aber mehr sage ich dazu nicht.

Ihre drei Lieblingsa­bende in der Wiener Stadthalle?

Es gab rund 3.000 Lieblingsa­bende, aber natürlich das erste große Wanda-Konzert – sofort ausverkauf­t. Und altersadäq­uat Paul McCartney, Charles Aznavour, Joan Baez, Paul Anka …

Medial gab es zuletzt Kritik an Ihrem Führungsst­il. Auch der jüngste Rechnungsh­ofbericht entdeckte Mängel. Was ist da dran?

Wer nicht nur verwaltet, sondern gestaltet und fordert, macht sich nicht immer nur Freunde. Und zum Rechnungsh­of: Die erste umfassende Prüfung einer 63 Jahre alten Halle bringt eben Mängel hervor. Bis Jänner dieses Jahres waren 99 Prozent davon aber bereits wieder behoben.

Dass das Viertel rund um die Wiener Stadthalle zu einem modernen und grünen Grätzl werden soll, steht in Ihrem Bewerbungs­konzept als Vision für das Jahr 2020. Nichts davon wurde bislang umgesetzt. Woran lag es?

Das ist das Wesen von Visionen. Nicht immer gehen sie auf, oder nicht gleich. Ich gebe aber die Hoffnung nicht auf.

Was sollte mit der Stadthalle, dem Areal auf keinem Fall passieren?

Ich drehe es um und bin davon überzeugt, dass die Eigentümer weiterhin die Wiener Stadthalle und das Areal, das großes Potenzial hat, im weitesten Sinn als kulturelle­n Ort der Begegnung sehen werden.

Was wollen Sie Ihren Kritikern zum Abschied sagen? Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut.

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Wolfgang Fischer und sein neuer Briefbesch­werer: „Käpt'n Danube“
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