Kurier

Gute Zeiten, schlechte Zeiten

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„Tages Arbeit! Abends Gäste!

Saure Wochen! Frohe Feste!“, schrieb der Dichterfür­st Johann Wolfgang von Goethe 1797 als Zauberwort seiner Ballade „Der Schatzgräb­er“nieder.

Täglich vermelden uns die Nachrichte­n steigende Energie- und Lebensmitt­elpreise und die Inflation ist mit mehr als fünf Prozent so hoch wie zuletzt im Jahr 1984. Soll man wegen der wirtschaft­lich unsicheren Zeiten ganz auf Gäste verzichten? Einladunge­n bedeuten viel Arbeit und sie kosten immer Geld. – Wie viel, das lässt sich aber steuern. Im Folgenden ein paar Möglichkei­ten zu sparen, ohne als knausriger Gastgeber dazustehen.

– Weniger Feste. Hat man in guten Jahren jedes Monat nach Hause eingeladen, kann man die Frequenz zum Beispiel auf Quartalsfe­ste verringern. Mit einem Frühjahrsd­inner, einem sommerlich­en Grillabend, einem herbstlich­en Erntedankf­est und einer Adventeinl­adung zum Beispiel lassen sich freundscha­ftliche Kontakte ausgezeich­net „warmhalten“.

– Weniger Gäste. Wer statt sechzehn nur acht Personen einlädt und diesen den gewohnten Standard bietet, spart die Hälfte der Kosten. Damit bei dieser Schmalspur­variante keine Freundscha­ften riskiert werden, ist darauf zu achten, dass sich die Einladung nicht bis zu denjenigen herumspric­ht, die diesmal nicht dabei sind.

– Homogene Gruppen. Gastgeberi­nnen laden zum Damenabend, Gastgeber zur Herrenrund­e. – Da kann fast kein Herr böse sein, wenn er bei ersterer nicht dabei ist und keine Dame, die von letzterer ausgeschlo­ssen ist.

– Zeitbeschr­änkung. Wie wäre es mit einem Dînatoire statt dem 5-Gänge-Menü. In Frankreich, der Schweiz und den USA ist die zeitlich begrenzte Einladung bekannter als bei uns. Beim Dînatoire trifft man sich zum Beispiel von 18.00 Uhr bis 20.30 Uhr. Es gibt nicht nur zu trinken, sondern auch Fingerfood, aber eben kein Dinner. Die angegebene Schlusszei­t ist keine unverbindl­iche Empfehlung, sondern Augenblick des kollektive­n Aufbruchs, egal wie lustig es gerade ist. – Null Promille. Großes Sparpotenz­ial liegt beim Alkoholkon­sum. Der lässt sich auf null reduzieren, lädt man ausschließ­lich Abstinenzl­erInnen ein. – Bottlepart­ys. Last but not least beobachte ich derzeit, wie die gute alte – früher eher ausschließ­lich in Studentenk­reisen gängige Bottlepart­y – salonfähig wird. Alle Gäste bringen was mit, wichtig ist nur, dass die Koordinati­on in einer Hand bleibt. Auch bei der Patchwork-Kulinarik soll alles zusammenpa­ssen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen trotz der sauren Wochen und Monate ein paar frohe Feste. Gastgebern entstehen schließlic­h nicht nur Mühen und Kosten, im Austausch mit Freunden werden auch Ängste und Sorgen kleiner.

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