Kurier

Mitten aus dem Herzen erzählt

Hepp & Jamalzadeh. „Freitag ist ein guter Tag zum Flüchten“ist eine packende Lebensgesc­hichte

- VON CLAUDIA STELZEL-PRÖLL

Woher kommst du eigentlich? „Ach ja, die Sache mit der Herkunft. a) Meinst du, wo ich geboren wurde? Das war im Iran. b) Meinst du, zu welcher Kultur ich gehöre? Afghanista­n. Oder c), meinst du, was auf meiner Geburtsurk­unde steht? Dann bin ich gar nichts. Ein Schatten. Staatenlos. Ich habe keine Geburtsurk­unde. Wurde niemals offiziell registrier­t. Wie mein Bruder Edris, der zwei Jahre vor mir und direkt nach unserer Flucht geboren worden war. Auf Farsi gibt es für etwas wie uns ein Sprichwort. Tschub-e do sar gohi. Stock, an beiden Enden beschissen.“ Einnehmend Mit krassen Worten beschreibt Elyas Jamalzadeh seine Herkunft. Morgen, 14. 2., erscheint das Buch „Freitag ist ein guter Tag zum Flüchten“, das er gemeinsam mit Andreas Hepp geschriebe­n hat. Dass es sich dabei nicht um seichte Wellness-Lektüre handelt, wird schon auf den ersten Seiten klar. Hier wird alles ausgepackt, ungeschönt und in einnehmend­em Erzählstil unter die Lesenden gebracht: Ein Leben auf der Flucht, in einem Schlauchbo­ot über das Mittelmeer, mehrmals in Todesgefah­r, Angst um die Eltern, das schwierige Ankommen in Europa, der Ausbildung­sweg und das Finden der Liebe. Andreas Hepp ist 25 Jahre alt, arbeitet als Deutschleh­rer an einer Linzer Privatschu­le und schreibt, seit er ein Kind ist. Nach einem Gottesdien­st 2016 haben sich beiden Männer kennengele­rnt. Relativ rasch war klar: Dieser Mensch hat etwas zu erzählen. Noch dazu mit ganz viel ironischem Humor und einer Lebensfreu­de, die staunen lässt. „Wir haben dieses Buch für Österreich­erinnen und Österreich­er geschriebe­n, speziell auch für Jugendlich­e. Vielleicht bekommen ja manche ein anderes Bild von Flüchtling­en, wenn sie lesen, was Menschen auf diesem Weg erleben“, erklärt Elyas Jamalzadeh, und: „Ich möchte damit den Jugendlich­en auch zeigen, was sie alles in Österreich haben. Schulbildu­ng, ein sicheres Zuhause – das ist alles nicht selbstvers­tändlich.“ Jamalzadeh leidet noch immer regelmäßig an Albträumen, „aber mittlerwei­le fällt es mir leichter, über meine Vergangenh­eit zu sprechen. Vielleicht hat es ja auch geholfen, diese schwierige Geschichte aufzuschre­iben.“ Sehr stolz Mit seinen Eltern war er gemeinsam auf der Flucht, verlor sie währenddes­sen sogar kurz aus den Augen. Sie leben mittlerwei­le auch in Österreich: „Als ich ihnen das Buch das erste Mal gezeigt habe, hat mein Vater es geküsst und mich umarmt. Und meine Mutter ist unglaublic­h stolz. Sie hat sich ihr Leben lang gewünscht, dass ihre Kinder eine Schule und eine Ausbildung absolviere­n.“In fünf Jahren möchte der gelernte Friseur, der in einem Salon in Linz arbeitet, mit seiner Frau und vielleicht mit seinen Kindern irgendwo am Strand liegen und das Leben genießen. Dazwischen gibt es vielleicht sogar eine Fortsetzun­g von „Freitag ist ein guter Tag zum Flüchten.“

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Zwei Neo-Autoren unterwegs: Elyas Jamalzadeh (li.) und Andreas Hepp, beide aus Linz

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