Kurier

Ein griechisch­er Buchstabe für BA.2?

Namenssuch­e. Der Omikron-Ableger sei so unterschie­dlich, dass es sich um eine eigene Variante handle, meinen internatio­nale Experten. Eine neue japanische Studie zeigt, wie BA.2 charakteri­siert ist

- VON E. GERSTENDOR­FER

Wer von Omikron spricht, meint meist den Stamm BA.1. Bald nach dem Auftauchen der Omikron-Variante wurde aber in Südafrika entdeckt, dass es neben BA.1 auch die Untervaria­nten BA.2 und BA.3 gibt. Während BA.3 derzeit wenig relevant ist und sich viel langsamer als BA.1 und BA.2 verbreitet, dürfte die ursprüngli­ch als „kleine Schwester von Omikron“bezeichnet­e Variante BA.2 zu mehr Infektione­n führen als bisher angenommen.

In Österreich sind bereits mehr als 20 Prozent der Covid-Fälle auf BA.2 zurückzufü­hren, wie Abwasserun­tersuchung­en in Kläranlage­n sowie Analysen von PCRProben zeigen. Molekularb­iologe Andreas Bergthaler geht davon aus, dass BA.2 bereits nächste Woche die dominante Variante in Österreich sein könnte.

Eigene Variante?

Eine neu veröffentl­ichte japanische Studie zeigt, dass BA.2 sich so sehr von BA.1 unterschei­det, dass sie als eigene Variante geführt werden könnte. Wissenscha­fter wie der Genetiker Ullrich Elling sowie internatio­nale Experten sprechen sich dafür aus, dass BA.2 einen eigenen griechisch­en Buchstaben erhält, um deutlich zu machen, dass es sich nicht nur um einen Ableger handelt. „Wie die Mutationsu­nterschied­e vermuten ließen: BA.1 und BA.2 sind andere Varianten. Bei guter Immunisier­ung in Dänemark verläuft die BA.2 Welle derzeit erträglich, für Ungeimpfte

ist das aber keine Entwarnung. Bleiben wir wachsam!“, twitterte etwa Elling.

In der japanische­n Studie, die allerdings noch nicht von Fachkolleg­en begutachte­t ist, kommen die Forscher zu dem Schluss, dass BA.2 ansteckend­er und pathogener ist, also zu mehr Erkrankung­en führt, als BA.1. Die effektive Reprodukti­onszahl, die angibt, wie viele Personen eine infizierte Person im Schnitt ansteckt, ist bei BA.2 1,4-mal höher als bei BA.1. Antikörper können weniger gut an BA.2 andocken als an BA.1.

Schon bisher war bekannt, dass sich BA.2 dem Immunsyste­m besser entziehen kann, dies wurde nun auch im Labor gezeigt.

Allerdings verursacht BA.2 nach jetzigem Wissenssta­nd nicht schwerere Verläufe als BA.1. Durch die höhere Infektiosi­tät kommt es aber zu vielen Ausfällen durch Krankenstä­nde und Quarantäne sowie aufgrund der schieren Menge an Infizierte­n zu mehr Menschen, die im Krankenhau­s behandelt werden müssen.

Die Impfstoffe sind auch bei BA.2 nach wie vor wirksam. Britische Untersuchu­ngen

geben die Wirksamkei­t des Impfstoffs von Biontech/Pfizer gegen symptomati­sche Infektione­n mindestens 25 Wochen nach zwei Dosen mit 13 Prozent für BA.2 an – gegenüber neun Prozent für BA.1. Zwei Wochen nach einer dritten Auffrischu­ngsdosis stieg diese auf 70 Prozent (63 Prozent bei BA.1).

Globales Risiko größer

BA.1-Genesene sind zwar weniger vor einer BA.2-Infektion geschützt als vor einer neuerliche­n BA.1-Infektion. Dass sich Genesene nach einer BA.1-Infektion mit BA.2 infizieren, sei jedoch „kaum zu erwarten“, sagt Elling. Laut WHO ist noch nicht eindeutig geklärt, ob eine Reinfektio­n mit BA.2 nach einer Infektion mit BA.1 möglich ist. Mehrere Hinweise gibt es hingegen, dass BA.1-Genesene – außer sie sind geimpft – kaum gegen frühere Varianten geschützt sind.

Die japanische­n Forscher kommen zu dem Schluss, dass das Risiko von BA.2 für die globale Gesundheit potenziell höher ist als jenes von BA.1. „Unsere Daten zeigen, dass sich BA.2 virologisc­h

Griechisch­e Buchstaben

Die WHO unterschei­det besorgnise­rregende Varianten (variants of concern) sowie solche unter besonderer Beobachtun­g (variants of interest). Zunächst wurden die Varianten danach benannt, wo sie als Erstes auftraten, etwa die „britische“Variante. Dies sei jedoch stigmatisi­erend und diskrimini­erend, weshalb sich die WHO für neutrale Namen aus dem griechisch­en Alphabet entschied

Bereits vergeben

Bisher vergeben wurden Alpha, Beta, Gamma, Delta und Omikron für besorgnise­rregende Varianten sowie Lambda und My für solche unter besonderer Beobachtun­g. Die Buchstaben Ny und Xi wurden nicht vergeben – Xi, da die WHO angeblich den chinesisch­en Staatspräs­identen nicht brüskieren wollte und Ny, weil es dem englischen Wort „new“zu nahe ist

von BA.1 unterschei­det und untermauer­n, dass BA.1 einen eigenen Buchstaben des griechisch­en Alphabets erhalten sollte, um es vom BA.1, der als Omikron bekannten Variante, zu unterschei­den“, schreiben die Forscher.

Auf Twitter wird einstweile­n spekuliert, welcher Buchstabe für BA.2 gewählt werden könnte. Friedemann Weber, Leiter des Instituts für Virologie an der Uni Gießen, schlug etwa Andromeda vor. Weitere Vorschläge sind Sigma, Jota und Pi. Die WHO äußerte sich dazu bisher nicht.

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BA.2 verbreitet sich schneller und sorgt für mehr Erkrankung­en, weshalb Wissenscha­fter einen eigenen Namen fordern

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