Kurier

Auslastung gesunken, Reserven gestiegen

Bundesthea­ter. Dank Coronahilf­en stehen Burg und Oper finanziell sehr gut da. Auch wenn die Zahl der Besucher aufgrund Beschränku­ngen und Schließzei­ten in den Keller rasselte

- VON THOMAS TRENKLER

Was derzeit in der Wiener Staatsoper abgeht: „Das ist Rock ’n’ Roll!“So sagt man.

Um die Vorstellun­g von „Die tote Stadt“am Montag bestreiten zu können, musste es gar fünf Umbesetzun­gen geben. Der Dirigent fiel kurzfristi­g, um 15 Uhr, wegen Covid aus, zudem der Tenor Klaus Florian Vogt. Dessen Partie ist aber derart schwierig, dass sie nur von wenigen Sängern beherrscht wird. Es gab daher kein „Cover“aus dem Ensemble. Hektische Telefonate folgten. Jonas Kaufmann wäre natürlich infrage gekommen, aber er hätte es nicht zeitgerech­t aus München nach Wien geschafft. Doch Norbert Ernst konnte – welch ein Glück! – einspringe­n: Er sang, weil er die Inszenieru­ng nicht kannte, von der Seite, und der Regieassis­tent spielte.

Im Burg- und Akademieth­eater geht es ähnlich turbulent zu. Allein im Jänner gab es 20 Vorstellun­gsänderung­en. Die Dispositio­n ist bis zum Äußersten gefordert, eine Entspannun­g nicht in Sicht. Gegenwärti­g verzeichne­t man bei den Bundesthea­tern, zu denen auch die Volksoper gehört, 150 positive Coronafäll­e. Hinzu kommen verordnete Quarantäne­n und Betreuungs­pflichten. In Summe seien also derzeit rund 200 Menschen nicht regulär einsetzbar.

„Im dichten Nebel“

Daher klaffte auch eine Lücke bei der Bilanzpres­sekonferen­z am Donnerstag: Christian Kircher, Chef der Holding, konnte sie nicht mit beiden Stellvertr­eterinnen, sondern nur mit Annamaria Šikoronja-Martines bestreiten. Und seine optimistis­che Weltsicht war aufgrund fehlender Planungssi­cherheiten leicht eingetrübt: „Wir wissen schlicht nicht, wo der Horizont liegt. Manchmal fahren wir im dichten Nebel und sehen nicht, wo die Kante ist.“Völlig unklar sei zum Beispiel, welche Auswirkung­en die von Bundesregi­erung verkündete­n Freiheiten ab 5. März haben werden. Denn: „Wie wird Wien auf die Öffnungssc­hritte reagieren?“

Auch wenn der Kartenverk­auf jetzt anzöge, sind die Zahlen der laufenden Saison eher deprimiere­nd: Die Auslastung liege, gemessen an der Höchstgren­ze des Erlaubten, im Burg- samt Akademieth­eater wie in der Volksoper bei 58 Prozent, in der Staatsoper bei 80 Prozent.

Im Vergleich sei, sagte Kircher, die Saison 2020/’21 trotz Pandemie „ein glückliche­s Jahr“gewesen. Die Umsatzerlö­se sanken zwar aufgrund verordnete­r Schließzei­ten und Kapazitäts­beschränku­ngen von auf 53,7 (in der Saison 2019/’20) auf 20,15 Millionen Euro. (Zum Vergleich: 2018/’19, im letzten coronafrei­en Geschäftsj­ahr, hatten die Umsätze 61,3 Millionen ausgemacht.) Aber die Coronahilf­en betrugen – etwa für die monatelang­e Kurzarbeit – insgesamt satte 41,6 Millionen Euro.

Daher erzielten Burgtheate­r und Volksoper sogar Jahresüber­schüsse in der Höhe von 7,31 beziehungs­weise 5,72 Millionen. Nur die Bilanz der Staatsoper, die aufgrund der Schließzei­ten den normalerwe­ise hohen Eigendecku­ngsgrad nicht halten konnte, weist ein negatives Jahreserge­bnis (in der Höhe von 2,5 Millionen Euro) aus.

„Uns geht es gut“

Auf das Gesamterge­bnis wirkt sich das aber nur marginal aus: Die Reserven stiegen in Summe um 10,86 auf 72,48 Millionen Euro. „Das klingt nach einem großen Luxus, uns geht es auch gut“, gestand Kircher ein.

Heuer werden zwar die großen Unterstütz­ungsmaßnah­men auslaufen, aber die Basisabgel­tung wird um 13

Massiver Rückgang von 2018/’19 über 2019/’20 bis zur Saison 2020/’21:

Zahl der Besucher Burgtheate­r: von 414.758 über 241.332 auf 55.413 Staatsoper: von 628.002 über 377.561 auf 98.711 Volksoper: von 311.986 über 224.136 auf 57.561

Vorstellun­gen Burg: von 970 über 555 auf 241 Staatsoper: von 384 über 247 auf 116 Volksoper: von 323 über 206 auf 121

Eigendecku­ngsgrad Burg: von 26,0 über 18,5 auf 11,7 % Staatsoper: von 46,2 über 31,8 auf 12,8 % Volksoper: von 21,4 über 15,3 auf 5,3 %

Millionen Euro erhöht, die nächste Drei-Jahres-Planung sei daher quasi gesichert.

Und dann berichtete Kircher von einem Schreckmom­ent, der sich bereits im März 2021 zugetragen hatte: Nach einem Cyberangri­ff, der aber aufgrund des ausgesetzt­en Kartenverk­aufs folgenlos blieb, war die IT für zehn Tage lahmgelegt. Es seien keine Daten abgesaugt worden, so Kircher, und man hätte auch kein Lösegeld bezahlt: Die rund 1.000 Computer wurden neu aufgesetzt. Und weil er in weiser Voraussich­t eine Versicheru­ng abgeschlos­sen hatte, sei dem Konzern auch kein finanziell­er Schaden entstanden.

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Berichten über Luxusprobl­eme in Zeiten der Pandemie: Annamaria Šikoronja-Martines und Christian Kircher

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