Kurier

Ein treuer Diener seiner Minister

Michael Kloibmülle­r. Sein Handy fiel ins Wasser, die Daten wurden gestohlen. Plötzlich gilt der Kabinettsc­hef vieler ÖVP-Innenminis­ter als zentrale Figur im Postenscha­cher. Wer ist der stille Machttechn­iker?

- VON IDA METZGER

Längst hatte er die Politik hinter sich gelassen. Trotz seiner jahrelange­n Machtposit­ion im Sicherheit­sressort war der Name Michael Kloibmülle­r nur Politikbeo­bachtern ein Begriff – bis vor drei Wochen. Fünf Jahre nach seinem Abgang holt den Oberösterr­eicher seine Karriere im Innenminis­terium im Eilzugstem­po ein. „Er war ein Machttechn­iker, der nie das Rampenlich­t suchte“, sagt Politikexp­erte Thomas Hofer.

Das änderte sich schlagarti­g, als die ersten Chats aus seinem gestohlene­n Handy veröffentl­icht wurden. Seither ist die einst graue Eminenz des Innenminis­teriums im Fokus von Postenscha­cher-Vorwürfen. Kloibmülle­r-Chats sind momentan ebenso begehrt, wie jene von Thomas Schmid – ist Kloibmülle­rs Handy doch mittlerwei­le der zweite Fundus, der zeigt, dass die ÖVP für Sündenfäll­e aller Art anfällig ist.

Jubel über Handy-Diebstahl

Seit rund einem Jahr weiß Kloibmülle­r, dass er Opfer eines Diebstahls wurde, der sich wie ein Krimi liest: Bei einem Bootsausfl­ug 2016 mit dem damaligen Innenminis­ter Wolfgang Sobotka kenterten zwei Boote auf der Alten Donau. Drei Männer fielen ins Wasser – und mit ihnen ihre Handys. Um Fotos seiner Kinder zu retten, übergab Kloibmülle­r sein Handy an den IT-Experten Anton H. vom Verfassung­sschutzAmt BVT. Zwei Tage später bekam Kloibmülle­r ein Mail: Die Daten seien leider unrettbar verloren, das Handy werde vernichtet.

Wahr war offenkundi­g aber etwas anders: Ein Trio von Geheimdien­stmitarbei­tern, die unter anderem die Formel für ein Nervengift weitergege­ben und dem mutmaßlich­en Wirtschaft­skriminell­en Jan Marsalek zur Flucht verholfen haben, hatten das Handy kassiert, besser gesagt: gestohlen. Sie jubilierte­n über den Diebstahl, schaukelte­n sich damals mit Chat-Mitteilung­en gegenseiti­g auf. Darunter ein Chat: „Hoffentlic­h erwischt es die Zecken“.

Aber warum ist gerade Klobmüller­s Handy von dieser Relevanz?

Bis zur Machtübern­ahme von Herbert Kickl lief im Kabinett der schwarzen Innenminis­ter – Ernst Strasser, Liese Prokop, Günther Platter, Maria Fekter, Johanna Mikl-Leitner, Wolfgang Sobotka – nichts ohne „Kloibi“, wie der Oberösterr­eicher genannt wird. Zuerst als Kabinettsm­itarbeiter, später als Kabinettsc­hef, zuletzt als Chef der Präsidials­ektion.

„Er hat den jeweiligen Minister bestmöglic­h unterstütz­t. Er hatte ein gutes politische­s Gespür, wusste, wo mögliche Fallen sind“, erklärt ein Insider, warum „Kloibi“als unersetzli­ch galt.

Einer hatte ihn deswegen seit Jahren im Visier: Peter Pilz. Schon 2009 startete der damalige grüne Abgeordnet­e auf seinem Blog mit der Veröffentl­ichung der „StrasserMa­ils“, die Postenscha­cher im Innenminis­terium nahe legen sollten.

13 Interventi­onen

Auch vor drei Wochen war es wieder Pilz, der die neuen Chats aus Kloibmülle­rs Handy veröffentl­ichte und der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft übergab. Aber woher hatte Pilz die Chats? Der Verdacht ist, dass Pilz den Datenstick mit den Chats von Egisto Ott, dem Kopf des mutmaßlich kriminelle­n Trios im BVT, erhalten hat. Die Folge: Kloibmülle­r wird eine zentrale Auskunftsp­erson im ÖVP-U-Ausschuss werden. „Er hat eine Parteibuch­diktatur installier­t, wo jedes rechtschre­ibfähige Parteimitg­lied genommen werden musste. So wurde die innere Sicherheit Österreich­s verwahrlos­t“, kritisiert Pilz. Kloibmülle­r verlangt konkrete Beispiele von Pilz. Und er verteidigt sich mit einer anderen Sichtweise: Als Ernst Strasser für die ÖVP 2000 das Innenminis­terium von der SPÖ übernahm, seien nur vier Spitzenpos­itionen nicht an SPÖ-nahe Beamte vergeben gewesen. Vier Sektionsch­efs, 12 Gruppenlei­ter, 60 Abteilungs­leiter, alle Landespoli­zeidirekti­onen waren SPÖ-dominiert, so Kloibmülle­r. Außerdem hat der Ex-Kabinettsc­hef mittlerwei­le seine Chats auswerten können: Innerhalb von 18 Monaten fand er 13 Interventi­onen in Personalan­gelegenhei­ten von der ÖVP auf seinem Handy, sechs von SPÖlern und eine von einem FPÖler. Besetzungs­verfahren seien „immer auch politisch bei der Polizei, weil die Personalve­rtretungen ein Mitwirkung­srecht haben. Wer anderes glaubt, lügt sich an“, verteidigt sich Kloibmülle­r.

Hofer sieht nur einen Ausweg aus dem Dilemma: „Die ÖVP ist massiv in der Defensive. Die Marschrout­e im UAusschuss kann nur sein, dass die ÖVP beweisen kann, schwarze Schafe gibt es überall, nicht nur in der ÖVP.“

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Bei Bootsausfl­ug mit Sobotka fiel Kloibmülle­rs Handy ins Wasser
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2009 wurde Kloibmülle­r Kabinettsc­hef bei Maria Fekter
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 ?? ?? Für Johanna Mikl-Leitner war Kloibmülle­r unersetzli­ch
Für Johanna Mikl-Leitner war Kloibmülle­r unersetzli­ch

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