Ostukraine.
Hunderte Explosionen, ein toter ukrainischer Soldat, eine zerstörte Pumpstation, eine zerstörte Pipeline – in den vergangenen Stunden und Tagen hat sich die Situation in der Ostukraine deutlich verschärft.
Ukrainische Streitkräfte und prorussische Separatisten werfen einander vor, gegen den offiziell geltenden Waffenstillstand verstoßen zu haben, auch der Informationskrieg ist in vollem Gange: Die Pipeline nahe der Separatistenstadt Lugansk sei durch Sabotageakte zerstört worden, meldet die Separatistenregierung, „ein konstruierter Vorwand für einen Einmarsch Russlands“, widerspricht die Regierung in Kiew.
Mobilmachung
Am Freitagabend hatten die selbst ernannten Volksrepubliken Lugansk und Donezk damit begonnen, Zivilisten nach Russland zu evakuieren und „wehrfähige Männer von 18 bis 55 Jahren“zu mobilisieren. Der Grund: Die Ukraine plane einen Angriff. Ein Vorwurf, den die ukrainische Armee strikt zurückweist. Samstagvormittag meldeten russische Medien, ukrainische Geschosse seien auf russischem Gebiet eingeschlagen, Moskau verlegte weitere Helikopter und Panzer weniger als 16 Kilometer von der Grenze entfernt.
Spitzt sich die Situation weiter zu, ist es denkbar, dass russische Truppen in die Separatistengebiete – die sich 2014 von der Ukraine losgesagt, aber international nicht anerkannt sind – einmarschieren. Möglicher Vorwand: „Die Bevölkerung vor der Aggression der Ukrainischen Streitkräfte zu schützen.“
Anerkennung denkbar
Sollte dieser Fall eintreten, ist damit zu rechnen, dass der russische Präsident Wladimir
Putin die Gebiete offiziell anerkennt.
Als ausgeschlossen gilt weiterhin eine militärische Konfrontation zwischen der NATO und Russland. US-Präsident Joe Biden schloss dies am Freitagabend zum wiederholten Male aus. Die Tausenden neu eingesetzten Soldaten in osteuropäischen
NATO-Staaten dienten ausschließlich deren Schutz.
Das wahrscheinlichste Werkzeug im Falle eines russischen Einmarsches wären massive Wirtschaftssanktionen gegen Moskau, die allerdings auch die EU stark treffen würden. Nicht umsonst sagte Italiens Premier Mario Draghi, dass EU-Sanktionen nicht den Energiesektor betreffen sollten.
Indes sprach Österreich eine Reisewarnung für die Ukraine aus: „Wir sehen gravierende Anzeichen für eine weitere Eskalation, besonders die Generalmobilmachung in den Separatistengebieten im Osten der Ukraine“, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer.