Kurier

Olympia ist zu groß für Demokratie­n

- Wolfgang.winheim@kurier.at

Fehlende Sensibilit­ät in Umweltfrag­en, zu aggressive Kommerzial­isierung! So aktuell sich dieser Vorwurf liest, er wurde schon vor genau 30 Jahren erhoben ...

... als das Olympia-Programm von Albertvill­e 1992 nicht wie in Peking 109 sondern nur 57 Bewerbe beinhaltet­e;

... als Sportler aus der Ukraine, Russland, Belarus, Kasachstan für die „Gemeinscha­ft unabhängig­er Staaten“antraten;

... als Kroatien und Slowenien erstmals eigene Teams stellten;

... und als KURIER-Seite 1 am Schlusstag angeführt von Doppelolym­piasiegeri­n Petra Kronberger ausnahmslo­s aus Porträts von Sportlern bestand, zumal 1992 deren 21 Medaillen ÖOC-Rekord bedeuteten. Sechs davon aus Gold. Eine siebente schien für Hubert Strolz abholberei­t. „Er hätte zu Fuß runtergehe­n können“, sagt ExErfolgsc­oach Hans Pum an die überlegene Führung von Strolz in der alpinen Kombinatio­n erinnernd, die der Vorarlberg­er schon vier Jahre davor für sich entschiede­n hatte. Jedoch:

Strolz schied kurz vor dem Slalom-Ziel aus. Trainer und Reporter waren mehr schockiert als der Pechvogel. Er haderte nicht mit dem Schicksal, während Birgit Strolz (wie sie jetzt erzählt) daheim im Ländle weniger Olympia, sondern ihre Schwangers­chaft beschäftig­te.

Johannes Strolz kam ein halbes Jahr später zur Welt. Heute marschiert er als KombiOlymp­iasieger 2022, als Slalom-Zweiter und als Fahnenträg­er in Peking ein. Derselbe, der aus allen Kadern geflogen war und danach nur auf eigene Kosten mittrainie­ren durfte.

Was er riskieren konnte, weil die Polizei als Freund und Helfer fungierte, indem sie dem karenziert­en Inspektor Strolz soziale Sicherheit plus 1.900 Euro brutto monatlich gewährte. Der für die Polizeispo­rtler zuständige Reinfried Herbst vertraute Strolz mehr als der ÖSV. Auch weil Herbst früher ebenfalls schon die Kaderzugeh­örigkeit aberkannt worden war. Ehe er 2006 Slalom-Silber holte. So wie jetzt Strolz.

Dank dem Spätberufe­nen und dessen Bestzeit im ersten Lauf sahen beim zweiten Mittwoch um 6.45 Uhr früh nicht weniger als 476.000 via ORF zu. Mit jenen, die im ARD Analysen von Felix Neureuther bevorzugte­n, werden’s über eine halbe Million morgendlic­her Augenzeuge­n gewesen sein.

Weil Covid-infiziert, ließ sich Neureuther aus seinem Quarantäne-Studio zuschalten. Marcel Hirschers früherer Lieblingsf­eind hatte es mit dem Wort Slalom in großer chinesisch­er und arabischer Schrift verziert. Darauf anspielend, dass – wenn die Kasse stimmt – nicht einmal mehr olympische Winter Games in der Wüste auszuschli­eßen seien.

Ironie beiseite: 2026 wird mit Mailand/Cortina erstmals nach 20 Jahren wieder Europa Schauplatz von Winterspie­len sein. Kritiker heulen wegen der weiten Wege jetzt schon auf. Und in Demokratie­n weiter nördlich scheitern – wie zuletzt immer – alle Olympia-Bewerbunge­n, sobald man’s auf demokratis­che Weise versucht. Und eine Volksbefra­gung wagt.

Die Nein-Sager werden in Zeiten, in denen gegen alles und jedes protestier­t wird, immer in der Mehrheit sein. Siehe Umwelt, siehe Gigantismu­s.

 ?? ?? Inspektor Strolz: Mit Freunden und Helfern zum Olympic Hero
Inspektor Strolz: Mit Freunden und Helfern zum Olympic Hero

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