Freitag frei, das gibt es bereits.
Die Anzahl der Lehrlinge ist in Wien seit Jahren stabil. Dennoch besteht derzeit ein Fachkräftemangel. Warum? Ludwig Weichinger–Hieden: Das Problem ist, das viele junge Leute zwar die Lehre zum Tischler machen, aber anschließend einen komplett anderen Beruf ergreifen. Sie sind dann bei der Polizei oder Feuerwehr und nicht in den Werkstätten, wo wir sie brauchen. Aber das ist ein generelles Problem im Handwerk.
Wollen junge Menschen kein Handwerk mehr ausüben?
Junge Leute haben keine Ahnung mehr von einem Handwerk. Sie wissen einerseits nicht, wie befriedigend dieser Beruf sein kann, wenn man am Ende des Tages ein Werk geschaffen hat und das dem Kunden übergibt. Ein schöner, neuer Fußboden, ein restaurierter Kasten oder ein wieder funktionierendes Fenster, das Begeisterung auslöst. Das muss man selbst erleben. Zu einem handwerklichen Beruf gehört aber auch, dass man von in der Früh bis am Abend körperlich anstrengend arbeitet. Außerdem schwitzt man und wird dreckig. Das ist vielen im Vorhinein nicht bewusst beziehungsweise kommen sie dann drauf, dass sie das nicht wollen.
Bei der Generation „WorkLife-Balance“hört man immer wieder den Vorwurf, dass junge Leute harte Arbeit scheuen. Ist das so?
Wissen Sie, in den sozialen Medien oder der Werbung wird ein Lifestyle propagiert, der cool, einfach und locker ist. Einfach Geld verdienen, dabei stetig gut aussehen und nur Spaß haben. Das ist unrealistisch. Man muss nun mal Leistung bringen für sein Geld. Außerdem haben wir ein Imageproblem, das sich nur sehr langsam wandelt. Ein Handwerker ist kein Akademiker und darum weniger wert. Dieses Bild muss sich ändern. Wenn ich heute in den Schulen frage, was denn ein Tischler eigentlich so macht, bekomme ich höchstens ein fragendes ’Tische?’ zurück. Dass er aber auch Fenster, andere Möbel, Fußböden und Bauteile herstellt, weiß keiner.
Hat das Bildungssystem hier versagt?
Ja. Es gibt zu wenig Berufsvorbereitung für junge Menschen in der Unterstufe.
Wie will man dem Fachkräftemangel entgegenwirken? Wir brauchen nicht nur junge Leute, sondern auch Leute mit Lebenserfahrung. In Zukunft wollen wir daher noch mehr höhere Schulen ansprechen. Wir haben auch immer mehr Quereinsteiger. Das ist sehr erfreulich, da diese den Beruf in einem zweiten Bildungsweg aus Überzeugung ergreifen und auch dabei bleiben.
Viele junge Leute wollen heutzutage weniger arbeiten. Kommt man dem Wunsch entgegen?
Wir diskutieren zu diesem Wertewandel viel. Man muss aber sagen, für viele Kollegen ist eine 4-Tage-Woche nicht vorstellbar - vor allem nicht bei gleichem Lohn. Da sind die Lohnnebenkosten einfach viel zu hoch und die Politik ist gefordert, hier Spielraum zu schaffen. Aber jede zweite Woche an einem
Welche Zukunftschancen hat man heutzutage mit einer Tischler-Lehre?
Die Welt steht Ihnen offen. Allein für Wien fehlen derzeit 70-100 Tischler*innen. Die Jobchancen sind also sensationell. Außerdem sind die Karrieremöglichkeiten vielfältig. Man kann den Meister machen, mit der dualen Ausbildung ein Studium angehen, selbstständig werden oder einen Betrieb führen, beratend tätig sein oder als Sachverständiger arbeiten. Eine Ausbildung im Handwerksbetrieb ist keine Einbahnstraße, auch wenn das viele glauben.