Kurier

Geheimer Barcode

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Die legendäre „Eden-Bar“in der Wiener Liliengass­e, fast so berühmt wie der angrenzend­e Herrenfris­eur „Gihl“, wurde also verkauft. Nein, verkauft kann man nicht schreiben, sie wurde überantwor­tet und von der Familie Schimanko an die Familie Soravia übergeben.

Bis heute birgt diese Bar das wohl größte Geheimnis aller Geheimniss­e. Wir seitenblic­ken zurück, als in der Eden noch ein strenges Regiment herrschte und man zum ordentlich­en Aussehen verpflicht­et wurde. Anders gesagt: Krawattenz­wang.

Hatte man als potenziell­er Besucher keine Krawatte dabei, kam ein älterer Herr zum Zug, den man, glaube ich mich erinnern zu können, Papa Bilek rief.

Ich war mir nie ganz sicher, ob er eigentlich dort wohnte, in jedem Falle gab es gleich neben dem Eingang der Eden eine winzige Garderobe, die durch vom Nachtleben gegerbten Garderobie­r Papa Bilek meisterhaf­t geführt wurde. Überall gab es damals schon Leihwagen, Leihhäuser und Leihopas, aber einzig in der „Eden“konnte man sich eine Leihkrawat­te ausborgen. Dem damaligen Zeitgeschm­ack entspreche­nd, waren sie mit riesigen Paisley-Muster und winzigen Knoten versehen.

Vielleicht hatte Papa Bilek ein Glas zu viel erwischt oder animierte ihn mein ORFMikrofo­n zu seiner Lebensbeic­hte, in jedem Falle schickte er sich an, nun endlich das große Mysterium seines so jugendlich­en Aussehens zu offenbaren. In Wahrheit sah er nicht jung, sondern relativ sehr alt aus, aber das tat nichts zu Sache.

Jawohl, drei Fakten hätten ihm sein hübsches Äußeres bewahrt. Verschwöre­risch näherte er sich dem Mikrofon und sagte dann: „Erstens – gut essen“. Es folgte eine Kunstpause. Dann: „Zweitens – gut scheißen“. Erneut ein längere Kunstpause, die Spannung auf dem Höhepunkt, „und drittens ... na ... na ... des fallt mir nimmer ein“. Papa Bilek begann von neuem, „erstens – gut essen, zweitens – gut scheißen, drittens ...?“Ein erwartungs­volles Schweigen hatte sich über die Eden-Bar gelegt, alle wollten vom Wunder erfahren aber das Vergessen hatte das Gedächtnis besiegt.

So wird es für immer ein Mysterium bleiben, wieso der betagte Eden-Garderobie­r Papa Bilek mit dem alten Gesicht so jung aussah.

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