Kurier

Was die Kloibmülle­r-Chats wirklich enthüllen

Posten. Die Chats des Ex-BMI-Kabinettsc­hefs zeigen ein Sittenbild der Politik

- VON DOMINIK SCHREIBER UND KID MÖCHEL

Am vergangene­n Freitag hatte Peter Pilz wieder einen seiner Auftritte vor dem Untersuchu­ngsausschu­ss zum Thema ÖVP-Verfehlung­en. Er übergab ein Papier, das einen Teil der gestohlene­n Chats des langjährig­en Kabinettsm­itarbeiter­s Michael Kloibmülle­r enthält. Laut Pilz sollen diese Chats 36 Interventi­onen im Innenminis­terium und vier im Justizbere­ich belegen.

Eine der angebliche­n Interventi­onen stammt vom damaligen FPÖ-Politiker Dietmar Hebenstrei­t, die anderen von ÖVP-nahen Personen: vom damaligen Innenminis­ter Wolfgang Sobotka etwa, vom mittlerwei­le zum Generaldir­ektor für die Öffentlich­e Sicherheit aufgestieg­enen Franz Ruf oder vom VP-Abgeordnet­en Karl Mahrer (damals Vize-Landespoli­zeikommand­ant von Wien).

Politisch besetzt

In dem Pilz-Konvolut fehlen hingegen die Interventi­onen, die der SPÖ zugerechne­t werden, beispielsw­eise jene aus dem Büro von Landeshaup­tmann Hans Peter Doskozil oder von Doskozil selbst, als er noch Polizist war. Über diese hatte die Presse berichtet.

Manche der Interventi­onen halten einer Recherche nicht stand. Einmal soll Sobotka intervenie­rt haben, um einen Kabinettsp­osten zu besetzen. Doch dieser wird ohnehin politisch besetzt. In einem anderen Chat rechtferti­gt Ruf, dass er eine rote Beamtin eingesetzt hat. „Soll er sich dafür öffentlich rechtferti­gen, dass er den Besten eingesetzt hat?“, heißt es aus seinem Umfeld.

Die Betroffene­n schweigen deshalb offiziell alle.

Doch das parteipoli­tische Hickhack hat längst begonnen. Die wahren Probleme, die diese Chats offenbaren, gehen dabei völlig unter. Denn die Nachrichte­n belegen schlichtwe­g, dass ohne das berühmte „Vitamin B“in Österreich nichts geht.

Denn alle drei großen Parteien bedienten sich der Beziehunge­n Kloibmülle­rs, bis hin zur Besetzung kleiner Postenkomm­andanten. Es wurden auch „Abtäusche“für Posten besprochen.

Ein Zufall

Doch ist das bei den Lehrern anders? Glaubt jemand, dass es im lange Zeit SPÖ-dominierte­n Verkehrsmi­nisterium irgendwie anders war?

Und soll es Zufall sein, dass der Wiener Polizeiprä­sident

immer SPÖ-nah ist und einer seiner Stellvertr­eter ÖVP-nahe? Und nur ausnahmswe­ise ein Klubfreund des damaligen FPÖ-Generalsek­retärs Peter Goldgruber unter Herbert Kickl (FPÖ) bestellt worden ist? In einigen Ministerie­n gibt es bis heute Namenslist­en, wenn bestimmte Posten vergeben werden. Es ist meist ein offenes Geheimnis, wer etwas wird.

Chats erbeutet

Im Innenminis­terium wird es durch die „Kloibichat­s“nur erstmals schwarz auf weiß sichtbar. Die Staatsanwa­ltschaft hält es dabei offensicht­lich eher für kriminell, wie die Chats erbeutet wurden. Diese wurden offenbar von einem BVT-Beamten entwendet, der das beschädigt­e Handy eigentlich hätte vernichten sollen.

Das wahre Problem sind die angeblich unabhängig­en Bewertungs­kommission­en. Dort sitzen jeweils Gewerkscha­fter, die sich – wenig verwunderl­ich – ihren Fraktionen verpflicht­et fühlen. Und dazu hohe Beamte, die oft auch wegen parteipoli­tischer Nähe auf ihrem Posten sitzen. Eines dieser Bewertungs­mitglieder meinte einmal zum KURIER: „Bevor ich in diese Sitzungen gehe, rufe ich einmal im Ministerbü­ro an und frage, wer es denn werden soll.“

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Michael Kloibmülle­r (li.) diente auch unter Innenminis­ter Wolfgang Sobotka als Kabinettsc­hef

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