Befund: Kommissionitis LEITARTIKEL
Und wieder einmal soll es also eine Kommission richten.
Aktuellstes Beispiel ist die neue Expertenkommission zur Inflation.
Sie reiht sich nahtlos in eine lange Tradition ein: Wann immer in Österreich ein Problem auftritt, wird eilig eine Kommission, ein Gremium oder ein Arbeitskreis einberufen, um Betriebsamkeit zu signalisieren. So auch die „Expertengruppe zur Beobachtung und Analyse der Inflationsentwicklung“kurz EBAI. Abgesehen davon, dass beim Kürzel Luft nach oben wäre (Stichwort: Tiername, siehe Gecko) fragt sich der gelernte Österreicher: Und wofür?
Dass es teurer wird, sehen wir alle. Warum es teurer wird auch. Der Ukraine-Krieg hat zu massiven Preiserhöhungen bei Rohöl und Gas geführt, das verteuert neben dem Autofahren und Heizen auch besonders die energieintensiven Produktionen. Durch den
Ausfall der Nahrungsmittelproduktion in der Ukraine wird es weltweit zu gestiegenen Lebensmittelpreisen kommen. Wozu braucht die Regierung also eine Expertengruppe für etwas, das völlig auf der Hand liegt?
In der EBAI sollen neben Ministeriumsmitarbeitern insgesamt 20 Institutionen sitzen – von Sozialpartnern über Wifo und IHS bis hin zu den Senioren. Dass man da rasch auf einen Nenner kommt, ist unwahrscheinlich. Stattdessen wird die Inflation nur beobachtet und analysiert. Einzelne ausgewählte Mitglieder aus der Expertengruppe werden dann nicht abgesprochen Interviews geben, einer von ihnen wird wutentbrannt ausscheiden, weil nicht auf ihn gehört wird. Aber Lösungen darf man sich von dort nicht erwarten.
Klingt zynisch? Schauen wir auf die Corona-Pandemie. Hier haben wir bereits vier (!) große Expertenkommissionen: Wir haben das Prognosekonsortium für Corona-Zahlen und Trends. Wir haben die Impfkommission, die uns sagt, dass wir impfen sollten. Der Erfolg ist überschaubar. Wir haben die Ampelkommission, die jeden Freitag Bundesländer einfärbt. Und wir haben die „Gesamtstaatliche CovidKrisenkoordination“, kurz Gecko, auf die die Politik aber nicht hört und am Höhepunkt der Omikron-Welle Öffnungen verkündet. Rot-Kreuz-Chef Gerry Foitik hat sich aus diesem Grund verärgert aus der Gecko zurückgezogen. Sogar Gesundheitsminister Rauch hat zuletzt zugegeben, dass es zu viele Kommissionen gibt.
Zur Beobachtung der Inflation braucht es genau genommen einen Mitarbeiter im Finanzministerium, der die Veröffentlichungen von Wifo, IHS und Statistik Austria zusammenfasst.
Man muss nicht beobachten, man muss Lösungen finden: Wie es geht, zeigt Slowenien – übrigens EU-Mitglied. Dort sind die Preise an den Zapfsäulen eingefroren worden: Der Benzinpreis liegt noch bis 13. April bei 1,5 Euro pro Liter, Diesel gibt es für 1,54 Euro. Ganz ohne Kommission.
In Österreich gibt es eine Flut an Gremien, Kommissionen und Arbeitskreisen. Doch immer öfter fragt man sich: Wofür?