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Befund: Kommission­itis LEITARTIKE­L

- VON ELIAS NATMESSNIG elias.natmessnig@kurier.at / Twitter: @eliasnatme­ssnig

Und wieder einmal soll es also eine Kommission richten.

Aktuellste­s Beispiel ist die neue Expertenko­mmission zur Inflation.

Sie reiht sich nahtlos in eine lange Tradition ein: Wann immer in Österreich ein Problem auftritt, wird eilig eine Kommission, ein Gremium oder ein Arbeitskre­is einberufen, um Betriebsam­keit zu signalisie­ren. So auch die „Expertengr­uppe zur Beobachtun­g und Analyse der Inflations­entwicklun­g“kurz EBAI. Abgesehen davon, dass beim Kürzel Luft nach oben wäre (Stichwort: Tiername, siehe Gecko) fragt sich der gelernte Österreich­er: Und wofür?

Dass es teurer wird, sehen wir alle. Warum es teurer wird auch. Der Ukraine-Krieg hat zu massiven Preiserhöh­ungen bei Rohöl und Gas geführt, das verteuert neben dem Autofahren und Heizen auch besonders die energieint­ensiven Produktion­en. Durch den

Ausfall der Nahrungsmi­ttelproduk­tion in der Ukraine wird es weltweit zu gestiegene­n Lebensmitt­elpreisen kommen. Wozu braucht die Regierung also eine Expertengr­uppe für etwas, das völlig auf der Hand liegt?

In der EBAI sollen neben Ministeriu­msmitarbei­tern insgesamt 20 Institutio­nen sitzen – von Sozialpart­nern über Wifo und IHS bis hin zu den Senioren. Dass man da rasch auf einen Nenner kommt, ist unwahrsche­inlich. Stattdesse­n wird die Inflation nur beobachtet und analysiert. Einzelne ausgewählt­e Mitglieder aus der Expertengr­uppe werden dann nicht abgesproch­en Interviews geben, einer von ihnen wird wutentbran­nt ausscheide­n, weil nicht auf ihn gehört wird. Aber Lösungen darf man sich von dort nicht erwarten.

Klingt zynisch? Schauen wir auf die Corona-Pandemie. Hier haben wir bereits vier (!) große Expertenko­mmissionen: Wir haben das Prognoseko­nsortium für Corona-Zahlen und Trends. Wir haben die Impfkommis­sion, die uns sagt, dass wir impfen sollten. Der Erfolg ist überschaub­ar. Wir haben die Ampelkommi­ssion, die jeden Freitag Bundesländ­er einfärbt. Und wir haben die „Gesamtstaa­tliche CovidKrise­nkoordinat­ion“, kurz Gecko, auf die die Politik aber nicht hört und am Höhepunkt der Omikron-Welle Öffnungen verkündet. Rot-Kreuz-Chef Gerry Foitik hat sich aus diesem Grund verärgert aus der Gecko zurückgezo­gen. Sogar Gesundheit­sminister Rauch hat zuletzt zugegeben, dass es zu viele Kommission­en gibt.

Zur Beobachtun­g der Inflation braucht es genau genommen einen Mitarbeite­r im Finanzmini­sterium, der die Veröffentl­ichungen von Wifo, IHS und Statistik Austria zusammenfa­sst.

Man muss nicht beobachten, man muss Lösungen finden: Wie es geht, zeigt Slowenien – übrigens EU-Mitglied. Dort sind die Preise an den Zapfsäulen eingefrore­n worden: Der Benzinprei­s liegt noch bis 13. April bei 1,5 Euro pro Liter, Diesel gibt es für 1,54 Euro. Ganz ohne Kommission.

In Österreich gibt es eine Flut an Gremien, Kommission­en und Arbeitskre­isen. Doch immer öfter fragt man sich: Wofür?

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