Serbien: Vučić zementiert seine Allmacht – als Präsident und im Parlament
Der Nationalpopulist dominiert nach dem Superwahltag weiter. Seine Freundschaft zu Putin wird das Regieren aber verkomplizieren
Serbien. Seit zehn Jahren ist Aleksandar Vučić die dominierende Figur der serbischen Politik – und nach dem SuperWahltag am Sonntag wird das auch noch länger so bleiben: Seine Serbische Fortschrittliche Partei (SNS) gewann die Parlamentswahl mit knapp 44 Prozent deutlich, er selbst ließ sich zugleich als Präsident bestätigen – knapp 60 Prozent stimmten laut Hochrechnungen für ihn. Ein Triumph auf allen Ebenen.
Der 52-jährige Vučić hatte die Parlaments- und Präsidentenwahl zusammenlegen lassen, um seine Vorherrschaft zu sichern. Sein einzig relevanter Gegenkandidat in der Präsidentschaftswahl, Zdravko Ponoš vom oppositionellen Bündnis „Vereinigt für den Sieg Serbiens“, blieb mit 17 Prozent massiv hinter dem regierenden Nationalpopulisten zurück. Bei der Parlamentswahl kam die Oppositionskoalition „Vereint für den Sieg“auf nur knapp 13 Prozent. Die Sozialistische Partei, mit der Vučićs SNS eine Koalition hat, schnitt mit gut elf Prozent beinahe gleich gut ab.
Autoritärer Stil
Dass das Ergebnis so eindeutig für Vučić ausfiel, hat freilich einen Grund: Kritiker werfen dem Populisten vor, immer autoritärer zu regieren. „Wir sind schon lange keine Demokratie mehr. Zu einer Demokratie gehören unabhängige Institutionen, Medien, Prinzipien sowie Werte. Das haben wir nicht“, klagte der Oppositionelle Dragan Ðilas, ehemals Bürgermeister Belgrads, im KURIER-Gespräch.
Im Wahlkampf spielte der Ukraine-Krieg Vučić in die Hände, in Krisenzeiten wird eher der Amtsinhaber gewählt. Zudem pflegt Vučić seit Langem eine enge Beziehung zu Moskau, und Russland hat ein gutes Image in Serbien – 80 Prozent der Bevölkerung betrachtet Russland als echten Freund, die EU rangiert weit dahinter.
Der Balanceakt Vučićs zwischen EU-Integration – Serbien ist ja seit 2012 Beitrittskandidat – und der Freundschaft zu Russland wird künftig aber noch diffiziler, denn Belgrad und Moskau verbinden enge Wirtschaftsbeziehungen. „Russland ist der viert- oder fünftgrößte ausländische Investor. Umgekehrt ist Russland einer der wichtigsten Abnehmer serbischer Güter“, sagt Branimir Jovanović, vom Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW). Vučić, der Kremlchef Wladimir Putin bereits 19 Mal getroffen hat, werde also weiterhin versuchen, „auf zwei Stühlen zu sitzen“, sagt der WIIW-Mitarbeiter.
Allerdings werde es wegen des Ukrainekrieges in den kommenden Jahren zu einer wirtschaftlichen Entkoppelung zwischen der EU und Russland kommen. Und das werde auch Auswirkungen auf Serbien haben, dessen Beitritt zur Union sich dadurch beschleunigen könnte, meint Jovanović.
Ein großes Thema im Wahlkampf war auch der Kosovo. Im Gegensatz zu den vergangenen Wahlen durften die ethnischen Serben in der ehemaligen jugoslawischen Provinz diesmal nicht abstimmen, was zu heftigen Spannungen führte. Diese wieder abzubauen, beziehungsweise die Beziehungen zu Pristina zu regeln, wird eine der Hauptaufgaben der neuen Regierung und des alten, neuen Präsidenten sein – genauso wie eine Klärung des Verhältnisses zu Moskau und Brüssel.