Kurier

Ochsentour in den Sommer

Kino, Kirtag, Konzerte. Warum es im Kino keine Nachos mit Käsesauce gegeben hat, Kirtage heuer vielerorts wackeln und das Kongressge­schäft im Sommer auflebt, aber im Herbst schon wieder „tot“ist

- VON SIMONE HOEPKE

Von wegen großes Kino. Das hat es in der Pandemie nicht gespielt. Nicht nur wegen der langen Lockdown-Zeiten in Österreich. „90 Prozent der Filme kommen aus Hollywood“, sagt Christian Dörfler, Branchensp­recher und Chef des Wiener Haydn-Kinos. „Wenn in Märkten wie Frankreich oder Großbritan­nien die Kinos zu sind, laufen in ganz Europa keine neuen Filme an.“

Ausgerechn­et als es dann im vergangene­n Dezember endlich die neuen Blockbuste­r gab, fehlten die großen Popkornküb­el und die Käsesauce für die Nachos. „Beides war am Markt nicht zu bekommen“, erzählt Dörfler. „Die Nacho-Sauce kommt aus den USA. Und weil in Japan zig Container hängen geblieben sind, gab es bei uns einen

Monat keine Käsesauce.“Zumindest nicht jene, die Kinobesuch­er gewohnt sind. Versuche, auf andere Hersteller umzusteige­n, scheiterte­n kläglich, wissen Kino-Betreiber aus leidlicher Erfahrung. Gleichzeit­ig war die europäisch­e Papierindu­strie wegen Lieferkett­enprobleme­n nicht in der Lage, große PopcornKüb­el zu liefern.

Ärgerlich auch, weil der typische Kinobesuch­er nach zwei Jahren Pandemie offenbar die Spendierho­sen anhat. Am Kiosk im Kino wird aktuell um 50 Prozent mehr für Popcorn, Cola & Co ausgegeben, als vor der Pandemie – und zwar weltweit.

Kirtag wackelt

Ob der Sommer in Sachen Veranstalt­ungen großes Kino wird, steht in den Sternen. Viele Kirtage wackeln, weil Veranstalt­er mit den CovidAufla­gen kämpfen. Gilt 2-G oder 3-G muss das irgendwo bei einem Eingang kontrollie­rt werden. „Eine Stadt, in der Menschen leben, kann man aber nicht so einfach einzäunen und an einem Eingang 2-G-Kontrollen durchführe­n“, erläuterte Dörfler, der nicht nur Branchensp­recher der Kinobetrei­ber, sondern auch für Theater und Schaustell­er ist. Das trifft dann die Betreiber von Karusselle­n, Autodromen oder Tagada. Rund 600 Schaustell­er gibt es in Österreich, viele davon Familienbe­triebe, die von Veranstalt­ung zu Veranstalt­ung fahren. Ihr Geschäft wackelt vielerorts auch diesen Sommer – so ist zum Beispiel noch nicht entschiede­n, ob der Villacher Kirchtag heuer über die Bühne gehen wird. Normalerwe­ise haben Schaustell­er Stehzeiten von 5 Monaten im Jahr, mittlerwei­le machen viele seit 21 Monaten kein Geschäft mehr.

Feuerwerk abgesagt

Im Vorjahr gab es 60 Prozent weniger Veranstalt­ungen, der Branchenum­satz der insgesamt 7.000 Betriebe lag 75 Prozent unter dem Vorkrisenn­iveau. Diesen Sommer holen viele Bands ihre Konzerte nach, werden dabei aber von der nächsten Krise eingeholt – dem Krieg in der Ukraine. Die Dire Straits haben beispielsw­eise die Pyrotechni­k bei ihren Konzerten abgesagt, weil das in Zeiten des Krieges als falsches Zeichen gewertet werden könnte, weiß Wolfgang Suitner, Sprecher der Veranstalt­ungsbranch­e. Kein Einzelfall. Es nennt das Beispiel eines Pyrotechni­k-Unternehme­ns, bei dem von 34 Aufträgen für das Jahr 2022 bereits 32 storniert wurden.

Für betroffene Firmen nach Jahren der Pandemie die nächste wirtschaft­liche Katastroph­e. Die Pyrotechni­k ist längst eingekauft und muss sicher und damit kosteninte­nsiv gelagert werden. Bei besagter Firma würden die Vorfinanzi­erungskost­en bei 100.000 Euro liegen, sagt Suitner bei einem Symposium der Bundesspar­te Tourismus in Hochfügen im Zillertal.

Rechnen müssen aber auch die Veranstalt­er. Als Faustregel gilt, dass ein Event erst ab einer Auslastung von

„Bands wie die Dire Straits streichen bei ihrer Show das Feuerwerk. Grund dafür ist der Krieg in der Ukraine“

Wolfgang Suitner Sprecher Veranstalt­er

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