Strafe für Bettlerin vor Höchstgericht
Die Plattform für Menschenrechte bringt den Fall einer Rumänin, die 100 Euro zahlen soll, vor den Verfassungsgerichtshof. Damit flammt die Diskussion neu auf
Bittere Armut oder teils kriminelles Vorgehen im Hintergrund? Stilles Betteln oder doch bereits aggressives Verhalten? Die Situation der Salzburger Bettler spaltet. Die Fronten sind verhärtet und das schon seit 2014.
Zur Erinnerung: Damals waren Bettler aus dem Osten erstmals verstärkt im Stadtbild sichtbar. Die Gruppe jener Einheimischen, die gerne ein paar Euro in die Schalen der Bettler werfen, wurden immer häufiger von allgemeinem Ärger überstimmt. Salzburg erließ 2015 (nach einem Versuch über das Landessicherheitsgesetz) als erste Stadt Österreichs ein sektorales Bettelverbot (in ausgewiesenen Zonen und zeitlich begrenzt), das in Folge von Höchstrichtern wieder aufgehoben wurde. Die Stadtregierung schärfte nach.
Bettelverbot repariert
Die aktuelle Bettelverordnung gilt etwa in der Getreidegasse und in den angrenzenden Gassen bis zur Salzach, am Platzl, in Teilen der Linzergasse sowie zu den Festspielen in der Hofstallgasse. Betteln ist von 11 bis 17 Uhr dort generell untersagt. Auch Märkte wie der Rupertikirtag gehören dazu.
Es kam immer wieder zu Vorfällen, die wieder Diskussionen schürten: Wie jenem, als vor der Franziskanerkirche ein Pater und ein Bettler in Streit geriet. Der Orden selbst kritisierte damals die Situation. Als letzte Abänderung erlaubt die Stadt das Betteln vor Kirchen wieder.
Mit der Pandemie verstummten die Stimmen der Bettler aus Osteuropa auch in Salzburg. Kaum noch parkten vorwiegend rumänische Transporter an den bekannten
Plätzen. Matratzenlager etwa im Bereich der S-Bahn-Station in Salzburg-Mülln waren verschwunden.
Fall vor Höchstgericht
Kernfrage bleibt: Kann „stilles Betteln“verboten werden? Widerspricht das nicht dem Gleichheitsgrundsatz? Der Fall einer Rumänin, die 2020 in der Schanzlgasse am Boden sitzend bettelte und jetzt 100 Euro zahlen soll, beschäftigt weiterhin die Gerichte. Nachdem das Landesverwaltungsgericht eine Beschwerde abwies, bringt die Plattform für Menschenrechte die Causa jetzt vor den Verfassungsgerichtshof. „Das Urteil ist in keinster Weise nachvollziehbar“, so Alina Kugler. Die Bürgerliste unterstützt den Schritt. Für Sozialsprecherin Anna Schiester sei das „kosmetisch sanierte Verbot“einer Stadt wie Salzburg nicht würdig.
Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) ist anderer Ansicht: „Ich finde es unverantwortlich, dass wir jetzt wieder damit beginnen.“Wichtigster Seismograf sei für ihn die Stimmung in der Bevölkerung und die hätte sich in den letzten Jahren gebessert. „Die Salzburger haben sich mit der Situation arrangiert. Wir bekommen weniger Beschwerden.“
Die Redakteurin
Die Story
Das Salzburger Bettelverbot beschäftigt Politik und Justiz seit Jahren. Schon zwei Mal wurden erlassene Bettelverbote vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben, nun läuft der dritte Versuch