Ist unserer Regierung der Ernst der Lage bewusst?
Die Antwort im Bildungswesen kann nur lauten: Nicht einmal annähernd
Wie sonst kann in diesen Zeiten ein Land regiert werden, als gäbe es keine Kinder? Jahrzehntelang wurde aus reinstem politischem Eigeninteresse jegliche zukunftsweisende Reform unseres Bildungssystem verhindert. Die zum Himmel schreiende Wurschtigkeit aber, mit der nun nach zwei harten Coronajahren auf den erschütternden Istzustand reagiert wird, ist ein Schwerverbrechen an unserer Zukunft.
Kein Vorhaben irgendeines Ressorts wird Früchte tragen, wenn Kinder und Jugendliche nicht endlich als das bedeutsamste „Projekt“der Gegenwart erkannt werden. Sie haben all die Versäumnisse jetzt schon zu tragen, unser Morgen zu stemmen, sind aber dazu verdammt, Tag für Tag ihre Schultaschenziegel in die Gegenrichtung zu schleppen, in eine teils völlig aus der Zeit gefallene Welt.
Dort sitzen sie mancherorts immer noch zu dreißigst in winzigen Klassen. Schulbänke, an deren Unterkante jene Kaugummis picken, die wir hier vor 40 Jahren selbst hinterlassen haben – bei annähernd gleichem Fächerkanon. Wer bis zur Matura kleben bleibt integriert irgendwann in Mathe, obwohl es längst ein Integrieren der Gegenwart hinein in den Schulalltag bräuchte, weit über die Abstellmöglichkeit eines Skooters hinaus.
Stattdessen plündern Eltern Erspartes, besorgen die für den Schulbetrieb geforderten Laptops oder Tabletts, und wer die Kohle nicht stemmt, Pech gehabt. Pflichtfächer, um die Software zu beherrschen, sich im Umgang mit Internet und Kommunikation zurechtzufinden, oder gar Maschinschreiben? Fehlanzeige. Aber Papierterror, Formularwahnsinn, Vorschriftsüberflutung.
DirektorInnen, LehrerInnen, SchülerInnen, Eltern schlagen sich an dem Sperrmüll namens Schule die Köpfe wund, das System kollabiert, und was passiert? Nichts.
Eine Romanfigur, inhaltlich nur auf dem Papier vorhanden, namens Polaschek will sich nicht wehtun. Gewiss ein netter Mensch. Nur geht es hier nicht um Kuschelrock, um ein nach Sympathie heischendes Gastspiel auf den Probebühnen der Selbstüberschätzung!
Wer diesen Manager-Posten übernimmt muss aus tiefstem Pflichtbewusstsein massiv anecken und Missstände aufdecken wollen, hartnäckig und konfliktbereit gegen all die Dauerblockierer antreten.
Die Superkraft eines Unterrichtsministers, einer Unterrichtministerin, ist das Wissen, von vornherein zum Scheitern verurteilt zu sein.
Wie all die Volksschullehrerinnen, die sich in den „Ghettos“dieses Landes alleingelassen vor eine 1. Klasse stellen müssen (Bezirke, die schonungslos unsere, auch stadtplanungstechnische Unfähigkeit zur Zusammenführung offenbaren) und dann am Ende der 4. Klasse von „ihren“zur Gemeinschaft gewordenen Kindern tief berührt Abschied nehmen.
Einzelpersonen, die alles gegeben haben, um trotzt größter Widrigkeiten für ihre in der Luft hängenden Mitmenschen den letzten Ast zu erreichen. Österreich steht wie eine Comicfigur über dem Abgrund.
Keine Zeit mehr für freundliches Winken und leere Versprechungen.
Kein Platz mehr für Späße. Unser Bildungssystem braucht die ganze Regierung. Jetzt. Der Autor ist Schriftsteller und Drehbuchautor