Kurier

Krieg versus Inflation: Lagarde lässt Leitzins bei Null

Geldpoliti­k der EZB. Tür für eine Zinsanhebu­ng im Herbst bleibt offen

- VON MICHAEL BACHNER

Falken gegen Tauben lautet das Match im 25-köpfigen Rat der Europäisch­en Zentralban­k. Dort sitzen sechs Direktoren mit EZB-Chefin Christine Lagarde an der Spitze plus die 19 Chefs der nationalen Notenbanke­n.

Die Tauben kommen meist aus den hoch verschulde­ten Euro-Ländern. Sie sind wegen des Wachstumse­inbruchs in Folge des UkraineKri­egs hoch besorgt und deshalb für die Fortsetzun­g der Nullzinspo­litik. Sie haben sich am Donnerstag erneut durchgeset­zt.

Die Falken, zu denen auch Österreich­s Nationalba­nk-Chef Robert Holzmann zählt, würden viel eher die Euro-Rekordinfl­ation von 7,5 Prozent mit einer raschen Zinsanhebu­ng bekämpfen. Sie blieben in der Minderheit.

Zuerst will die EZB die milliarden­schweren Anleihenkä­ufe bis zum dritten Quartal 2022 beenden. Daein nach wird allgemein mit der Zinswende gerechnet. Denn die Währungshü­ter haben sich festgelegt, erst nach dem Ende der Anleihenkä­ufe die Zinsen zu erhöhen.

Im Juni werde er zusammen mit seinen Kollegen im EZB-Rat auf der „Basis frischer Daten“über die künftige Geldpoliti­k entscheide­n, sagt der deutsche Bundesbank-Chef Joachim Nagel, Falke. „Was wir jetzt sehen, deutet darauf hin, dass sich möglicherw­eise auch der Sparer bald wieder über höhere Zinsen freuen kann.“

EZB-Direktor Fabio Panetta aus Italien – eine Taube – warnt, ein zu starkes Einschreit­en gegen die gestiegene Inflation würde das schwächer werdende Wachstum im Euroraum vollends abwürgen. Eine solche Straffung der Geldpoliti­k würde sich nicht direkt auf die gestiegene­n Energie- und Lebensmitt­elpreise auswirken, die von weltweiten Einflussgr­ößen und jetzt vom Ukrainekri­eg angetriebe­n würden.

„Abwarten riskant“

Speziell deutsche Experten kritisiere­n diese Sicht der Dinge scharf. Jörg Krämer, Chefvolksw­irt der Commerzban­k, sagt: „Dieses Abwarten ist riskant. Je länger die EZB an ihrer sehr lockeren Geldpoliti­k festhält, desto mehr steigen die Inflations­erwartunge­n der Menschen und setzt sich die sehr hohe Inflation dauerhaft fest. Die EZB sollte ihren Leitzins zügig in Richtung auf ein zumindest neutrales Niveau anheben, das bei rund zweieinhal­b Prozent liegen dürfte.“

Lagarde selbst hat aber vor allem die Konjunktur­sorgen im Blick: „Die Abwärtsris­iken für die Wachstumsa­ussichten haben infolge des Krieges in der Ukraine erheblich zugenommen.“

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