Was die Rücktrittswelle beim ÖSV zu bedeuten hat
Auch der mächtige Skiverband stellt sich komplett neu auf. Die neue Führungsriege distanziert sich von der Ära Schröcksnadel
Keine zwei Monate ist es her, dass sich beim Österreichischen Skiverband (ÖSV) alle in den Armen lagen. Symbolisch zumindest – in Zeiten von Corona ist zu viel Nähe nicht angebracht. 15 Medaillen hatten die Athletinnen und Athleten bei den Winterspielen in Peking errungen – die zweitbeste Ausbeute der Geschichte.
„Einfach großartig. Ich glaube, wir waren gut vorbereitet und daher auch diese tolle Bilanz“, sagte Präsidentin Roswitha Stadlober. Die Bilanz nach dem Winter liest sich freilich anders: Der
Cheftrainer der österreichischen Ski-Herren, Andreas Puelacher, ist ebenso Geschichte wie sein Pendant bei den Damen (Christian Mitter). Dazu kamen die Rücktritte von Alpindirektor Patrick Riml und am Mittwochabend noch jener von Sportdirektor Toni Giger.
Der 59-jährige Salzburger war als Direktor für alle olympischen Sportarten die höchste sportliche Instanz.
Dieser Umbruch wirft Fragen auf, vor allem weil sämtliche Führungskräfte aus freien Stücken den bedeutendsten Skiverband der Welt verließen. Einige Rücktritte,
wie etwa jener von Herren-Trainer Puelacher, sollen direkt mit der Personalie Giger und dessen Machtfülle zu tun haben. Während der Winterspiele in Peking hat der Sportdirektor mit seiner Meinung jedenfalls nicht hinterm Berg gehalten. Wenn es etwa um die Aufstellung der Läufer ging, selbst bei der Wahl der Startnummern soll er Ratschläge erteilt haben.
Die Vorkommnisse dürften in der höchsten ÖSVEbene jedenfalls für Irritationen gesorgt haben. Mag sein, dass unter dem alten Präsidenten Peter Schröcksnadel alles unter den Teppich
gekehrt worden wäre. Doch mit Roswitha Stadlober und ihrem Vize Patrick Ortlieb sind nun zwei Personen am Ruder, die – erstens – in ihrer aktiven Zeit selbst Stars waren und über das entsprechende Know-how verfügen und – zweitens – dank ihrer Töchter andere Einblicke in das System und die Arbeit im ÖSV haben.
Begabte Töchter
Teresa Stadlober (29) holte in Peking als erste Österreicherin eine Langlauf-Medaille bei Olympischen Spielen, Skirennläuferin Nina Ortlieb (26) ist immerhin einfache Weltcupsiegerin.
Aber nicht nur das Auftreten von Toni Giger während der Winterspiele dürfte in der Führungsetage für Verstimmung gesorgt haben. Der Sportdirektor ließ nach dem Erlöschen des Olympischen Feuers auf Eigeninitiative auch über den offiziellen Weg eine ÖSV-Aussendung verschicken, in der er eine „persönliche“OlympiaBilanz zog. Wenige Tage später trennte sich der ÖSV von seinem Pressesprecher.
Und auch Giger stand seither unter Beobachtung. Der Posten des mächtigen Sportdirektors wird laut Informationen des KURIER nicht mehr nachbesetzt.