Kurier

Lobeshymne­n auf den Größten aller Zeiten

Snooker. Ronnie O’Sullivan begeistert­e mit seinem siebenten WM-Titel

- VON CHRISTOPH GEILER

Als der entscheide­nde Frame gewonnen und damit der siebente WM-Titel perfekt war, war’s bei Ronnie O’Sullivan dann plötzlich vorbei mit der Coolness und Contenance. Während des Endspiels gegen Judd Trump im ehrwürdige­n Crucible Theatre in Sheffield hatte man den Eindruck, als würde der Snooker-Star eine vergleichs­weise ruhige Kugel schieben, aber mit dem Ende der Partie fiel alles vom 46Jährigen ab. Der ganze Druck, der auf dem Engländer in den vergangene­n zwei Wochen in Sheffield gelastet hatte; die hohen Ansprüche, die O’Sullivan stets an sich selbst stellt; diese Bürde eines Superstars, immer wieder aufs Neue für Superlativ­e sorgen zu müssen.

Aus der flüchtigen Umarmung der beiden WM-Finalisten unmittelba­r nach der Partie wurde eine große, intime Respektsbe­kundung vor Millionenp­ublikum.

Eine halbe Ewigkeit lagen sich Ronnie O’Sullivan und Judd Trump in den Armen und es wirkte beinahe so, als müsste der unterlegen­e Finalist den Champion trösten. „Was Judd zu mir gesagt hat, hat mich fertiggema­cht“, erklärte Ronnie O’Sullivan. Diese Umarmung am Ende des Matches sei zweifelsoh­ne sein „emotionals­ter Moment im Crucible Theatre gewesen“, meinte der Weltmeiste­r später im Interview und dabei hatte er Tränen in den Augen.

Und das mag was heißen, denn dieser Ronnie O’Sullivan hat auf dieser Bühne in

Lebende Legende: O’Sullivan tischte den 7. WM-Titel auf

seiner Karriere schon viele emotionale Moment erleben dürfen: 2001 hatte der Ausnahmekö­nner in Sheffield seinen ersten WM-Titel gewonnen, mehr als zwei Jahrzehnte später ist er abermals der Snooker-Spieler mit den besten Tischmanie­ren und zog mit seinem siebenten Triumph im Crucible Theatre mit dem schottisch­en Rekordsieg­er Stephen Hendry gleich.

Großer Respekt

Die Gegner, die teilweise seine Söhne sein könnten, zollen dem 46-Jährigen Respekt. „Wir alle sollten jede Sekunde genießen, die er hier ist. Er ist der unbestritt­en Größte aller Zeiten in unserem Spiel“, erklärte Mark Allen, der im Achtelfina­le in O’Sullivan seinen Meister gefunden hatte (4:13). „Er wird einfach immer besser. Seine Hingabe ist großartig. Er war der beste Spieler dieses Turniers, mit Abstand“, meinte Finalist Judd Trump nach dem 13:18.

Dabei verlief die Karriere des heute ältesten Weltmeiste­rs der Snooker-Geschichte keineswegs friktionsf­rei und ohne Skandale. In jungen Jahren nahm er Drogen und wurde während Partien auch einmal handgreifl­ich oder zeigte demonstrat­iv den Mittelfing­er. Der Bad Boy des so auf Etikette bedachten Snooker-Sports wurde er genannt.

Mit dem Alter wurde Ronnie O’Sullivan ruhiger und agierte am Snooker-Tisch weniger impulsiv. Das erklärt auch, warum der Künstler mit dem Queue in den vergangene­n vier Jahren seine größten Erfolge eingefahre­n hat und alle wichtigen Trophäen des Snookerspo­rts gewonnen hat.

Er fühle sich „erleichter­t und müde“, sagte Ronnie O’Sullivan noch, bevor er das Crucible Theatre verließ. Den Queue wird der siebenfach­e Weltmeiste­r vorerst einmal nicht mehr in die Hand nehmen. „Ich brauche jetzt eine Pause.“

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