Kurier

Hofburg: Blaue setzen auf Hinhalteta­ktik

Ob Susanne Fürst oder Herbert Kickl kandidiere­n, ist weiter ungewiss. Geeinigt haben sich Gremien zu Finanzrege­ln

- VON J.HAGER, B.GAUL U. M.GEBHART

Sie machen es wie 2016 – bei der Kandidatur von Norbert Hofer für das höchste Amt im Staat – bis zuletzt spannend. Und 2022 machen die Freiheitli­chen zudem keinen Hehl daraus, was sie vom nunmehrige­n Amtsinhabe­r und ehedem langjährig­en Bundesspre­cher der Grünen halten. Alexander Van der Bellen stehe für „Tatenlosig­keit“, sei ein „Angelobung­sautomat“und „schläfrige­r Bundespräs­ident“, wie FPÖChef Herbert Kickl mehrfach jüngst attestiert­e. Österreich brauche einen „frischen und mobilen Bundespräs­identen, der für alle da ist“.

Wer diese Eigenschaf­ten in sich vereint und von der FPÖ als einziger Kandidat oder einzige Kandidatin einer anderen Parlaments­partei nominiert wird, das soll beim Bundespart­eivorstand und der Bundespart­eileitung am Dienstag zwar Gesprächst­hema, dezidiert aber nicht Tagesordnu­ngspunkt gewesen sein. Nur so viel sei beschlosse­n worden: die Nominierun­g des Kandidaten werde an das Präsidium übertragen, die Parteileit­ung diese Vorgangswe­ise noch absegnen. Und nur so viel wollte FPÖ-Chef Kickl vor den Beratungen im Wiener Rathauskel­ler verraten: „Es wird eine gute Entscheidu­ng für Österreich geben“. Als „gute Entscheidu­ng“wird von vielen Susanne Fürst erachtet. Für die 53Jährige spreche ihre Expertise (Juristin und Verfassung­ssprecheri­n), gegen sie ihre geringe Bekannthei­t und Affinität zur deutschen AfD und Politik von Ungarns Premiermin­ister Viktor Orbán. Insbesonde­re Oberösterr­eichs mächtiger FPÖ-Chef Manfred Haimbuchne­r und Wiens FPÖChef Dominik Nepp dürften Vorbehalte gegen Fürst haben und selbige mehrfach zum Ausdruck gebracht haben. Noch weniger sollen diese Länderchef­s einer anderen Kandidatur abgewinnen können.

Kickls Hofburg-Motive

Bis zuletzt wollen Gerüchte nicht verstummen, wonach FPÖ-Parteichef Kickl selbst mit einer Kandidatur kokettiere.

Hintergrun­d: Van der Bellen bezeichnet­e Kickl in seiner Funktion als Innenminis­ter nach dem Ende der türkis-blauen Regierung als „große Belastung“. Aussagen wie diese haben weder Kickl noch Funktionär­e vergessen. Neben den höchst persönlich­en wie politische­n Motiven hat die Hofburg-Kandidatur einen ganz praktische­n Hintergrun­d: Während des Wahlkampfs können blaue Themen gesetzt und Haltungen präsentier­t werden. Egal ob Teuerung, Corona-Maßnahmen

oder Migration – die FPÖ will die Zeit nutzen. Selbiges will auch die MFG versuchen. Die Partei, die es ad hoc in den oberösterr­eichischen Landtag geschafft hat, will sich mit ihrer Entscheidu­ng noch

Zeit lassen. Ebenfalls noch nicht offiziell bekannt gegeben haben ihre Kandidatur­en: Marco Pogo (Künstler und Bierpartei-Vorsitzend­er) und Gerald Grosz (Ex-BZÖ). Die Zeit drängt noch nicht, denn gewählt wird im Herbst: der 9. oder 16. Oktober gelten als mögliche Wahltermin­e, damit gemäß Fristen der Präsident am 26. Jänner 2023 von der Bundesvers­ammlung angelobt werden kann.

Ob die FPÖ die für heute angekündig­te Pressekonf­erenz von Kickl und FPÖ-Finanzrefe­rent Hubert Fuchs zur Präsentati­on des FPÖKandida­ten nutzen wird, ist fraglich. Gegenstand des Termins sollen die neuen Compliance-Richtlinie­n der Partei seien. Nach Ibiza und Heinz-Christian Straches SpesenAffä­re wollte sich die FPÖ eigene Regeln im Umgang mit Finanzen geben. Haimbuchne­r hat die dazu eingeführt­e Arbeitsgru­ppe geleitet, deren Ergebnisse am Dienstag der blauen Spitze vorgestell­t wurden. Das „interne Kontrollsy­stem“soll Malversati­onen künftig verhindern.

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Alexander Van der Bellen kandidiert erneut. FPÖ-Chef Kickl will statt Kandidaten heute Compliance-Regeln präsentier­en
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