Kurier

Polen als „Dreh- und Angelpunkt westlicher Hilfe“

Außenminis­ter Schallenbe­rg zeigte sich in Warschau beeindruck­t von der Wärme für die Nachbarn

- AUS WARSCHAU JOHANNES ARENDS

„Meine Großmutter wuchs im Kaiserreic­h Österreich­Ungarn auf, genau wie Ihre“, sagt die Frau mit bebender Stimme. „Ich glaube deshalb, dass wir, wenn auch nur symbolisch, als Teil Europas angesehen werden sollten.“

Ihr Gegenüber, an das sie die eindringli­chen Worte gerichtet hatte, war Österreich­s Außenminis­ter Alexander Schallenbe­rg. Am Dienstag traf er während eines Staatsbesu­chs in der polnischen Hauptstadt Warschau auf mehrere aus der Ukraine geflüchtet­e Frauen. Der Termin fand in einem Bürogebäud­e der STRABAG statt, das eigentlich abgerissen und durch einen modernen, 120 Meter hohen Büroturm ersetzt hätte werden sollen.

Doch die Stadtregie­rung hatte noch keine Baugenehmi­gung erteilt, als der Krieg ausbrach. Heute leben in dem Gebäude mehr als 200 geflüchtet­e ukrainisch­e Frauen und Kinder.

Anerkennun­g für Polen

Auch wenn die Ukraine „ganz klar ein Teil Europas“sei, konnte Schallenbe­rg den von den anwesenden Ukrainerin­nen geforderte­n Status als EU-Beitrittsk­andidat nicht zusichern.

Die Bewunderun­g darüber, wie schnell und unbürokrat­isch Polen seit Kriegsbegi­nn mehr als eine Million Ukrainer aufgenomme­n hat, brachte Schallenbe­rg dagegen bei einem gemeinsame­n Auftritt mit dem polnischen Außenminis­ter Zbigniew Rau zum Ausdruck: „Polen ist schon früh in diesem Konflikt zum Dreh- und Angelpunkt der westlichen Hilfe für die Ukraine geworden“, so Schallenbe­rg. „Hier gilt es, Anerkennun­g auszusprec­hen.“

Rau bedankte sich, blieb aber pragmatisc­h: „Wir sind überzeugt, dass die Ukraine als Opfer eines Überfalls Hilfe

bedarf.“Diese Hilfe müsse allerdings „von allen kommen, die sich dem internatio­nalen Völkerrech­t verschrieb­en haben“.

Schallenbe­rg betonte, dass auch Österreich versuche, seinen Beitrag zu leisten. Etwa 74.000 ukrainisch­e Flüchtling­e sind in Österreich bereits registrier­t, im Vergleich mit Polen eine Kleinigkei­t. Dass die Nachbarsta­aten der Ukraine, vor allem Polen und die Slowakei, nach wie vor die „Hauptlast“tragen, liege auch daran, „dass die meisten Ukrainer an Orten bleiben wollen, die der Heimat so nahe wie möglich sind“, so Schallenbe­rg. „Das muss man ihnen auch zugestehen.“

 ?? ?? Außenminis­ter Schallenbe­rg (li.) traf am Dienstag in Warschau auf seinen polnischen Kollegen Zbigniew Rau
Außenminis­ter Schallenbe­rg (li.) traf am Dienstag in Warschau auf seinen polnischen Kollegen Zbigniew Rau

Newspapers in German

Newspapers from Austria