„Die Party ist vorbei, Boris“– Johnson zerreißt die Tories
Großbritannien. Nach dem Misstrauensvotum wird der Druck bald steigen
Hat Boris Johnson die Schlacht gewonnen, verliert aber den Krieg? Diese Frage beschäftigt London, nachdem der Premier und Chef der konservativen Tories ein Misstrauensvotum seiner Unterhaus-Fraktion schwer angeschlagen überlebte.
Zwar darf nach den derzeitigen Regeln der Partei nun ein Jahr lang keine weitere Abstimmung stattfinden, aber diese könnten geändert werden, etwa auf sechs Monate. Und mit 211 zu 148 Stimmen genießt Johnson die Unterstützung von nur 59 Prozent seiner Mandatare, weniger als Vorgänger Theresa May und John Major in ähnlichen Showdowns erhielten.
May sah sich einige Monate später dennoch zum Rücktritt gezwungen; Major verlor die nächste Wahl.
Ex-Tory-Chef William Hague forderte da in der
Times Johnsons freiwilligen, „ehrenhaften Abgang“, weil er nicht mehr die nötige Autorität habe.
„Das Ergebnis hinterlässt Johnson stark geschwächt und die Tories öffentlich gespalten, mit offensichtlicher Gefahr für seine Fähigkeit zu regieren oder die nächsten
Parlamentswahlen zu gewinnen“, sagte die Denkfabrik Institute for Government. Kritiker könnten sich bei Unterhaus-Abstimmungen öfter gegen den Chef stellen.
Eine Guardian-Kolumnistin nannte den Premier gleich „a lame duck leader“, also eine handlungsunfähige lahme Ente. Und ein Ex-Minister meinte laut Spectator ganz britisch, Johnson sei erledigt: „He’s toast“.
Der Populist Johnson selbst sprach von einem „guten Ergebnis“, das seiner Regierung ermögliche, jegliche Zweifel über seine Führungsrolle hinter sich zu lassen. Die Daily Mail hält weiter zu ihm. Die Tory-Rebellen hätten den „Selbstzerstörungsknopf“gedrückt und das Tor zu einer „Chaos-Koalition“unter Labour-Chef Keir Starmer geöffnet.
Eine „Demütigung“
Viele Schlagzeilen waren ernüchternd: „Die Party ist vorbei, Boris“, meinte der Mirror in einem Wortspiel zur Partygate-Affäre um Lockdown-Feste im Regierungsviertel, die den Premier seit Monaten unter Druck setzt. Und der Guardian betonte, „er klammert sich an die Macht“nach einer „Demütigung“im Votum. Die Times nennt Johnson einen „verwundeten Sieger“, der Telegraph urteilt: „Johnsons hohler Sieg zerreißt die Tories“.
Der Druck auf ihn dürfte bald weiter steigen. Kritiker warten laut Berichten ab, ob sich vielleicht Minister gegen den Boss stellen oder demonstrativ zurücktreten. Auch 60 Prozent der Briten hatten laut einer YouGovUmfrage Johnsons Absetzung befürwortet.
Zusätzlich schwächen könnten ihn zwei UnterhausNachwahlen am 23. Juni, in denen die Tories ihre Sitze verlieren dürften. Der einst strahlende Wahlsieg-Garant gilt zunehmend als Mühlstein um den Hals seiner Partei. Auch die Untersuchung eines Parlamentsausschusses, ob Johnson beim Thema Partygate die Unwahrheit sagte, wirft dunkle Schatten auf den Premier, obwohl das Ergebnis bis November auf sich warten lassen könnte.
„Das Ergebnis hinterlässt Johnson stark geschwächt und die Tories öffentlich gespalten“Denkfabrik Institute for Government