Kurier

Badelt gegen Abschaffun­g der kalten Progressio­n

Chef des Fiskalrate­s empfiehlt, Steuermehr­einnahmen nicht mit Gießkanne zu verteilen

- MICHAEL BACHNER

Zukunftsin­vestitione­n. Neben dem Krieg in der Ukraine und der Sorge um eine nächste Corona-Welle im Herbst dominiert die hohe Inflation die wirtschaft­spolitisch­e Debatte. Auch der Fiskalrat, der eigentlich zur Überwachun­g des Budgetdefi­zits und der staatliche­n Schuldenen­twicklung ins Leben gerufen wurde, macht sich Sorgen, wie die Teuerung zu bewältigen ist. Vorsitzend­er des sozialpart­nerschaftl­ich besetzten Fiskalrate­s ist Christoph Badelt, der frühere langjährig­e Chef des Wirtschaft­sforschung­sinstitute­s WIFO.

Anders als die ÖVP beziehungs­weise Finanzmini­ster Magnus Brunner ist Badelt der Ansicht, dass jetzt „wirklich ein schlechter Zeitpunkt“ sei, um die kalte Progressio­n abzuschaff­en. Sein Argument: Es gebe von der Pflege bis zum Klimaschut­z derart viele Baustellen, die Milliarden erforderte­n. Deshalb solle Brunner die Steuer-Mehreinnah­men aus der Inflation beziehungs­weise der kalten Progressio­n lieber für diese Aufgaben auf die hohe Kante legen und nicht mit der Gießkanne übers Volk verteilen. Badelt: „Wir müssen Geld freimachen für die großen Zukunftsth­emen. Lieber Staat, heb dir das Geld auf.“

Gegen Gießkanne

Der Ökonom ist ganz generell gegen Entlastung­smaßnahmen für alle Bevölkerun­gsteile, wie es beim Inflations­entlastung­spaket der

Regierung mehr oder weniger der Fall ist. Solche Entlastung­sschritte, zu denen Badelt eben auch die Abschaffun­g der kalten Progressio­n zählen würde, seien schlicht „nicht treffsiche­r“.

Für Treffsiche­rheit

Diese Treffsiche­rheit sei aber im Kampf gegen die Teuerung besonders gefragt, denn der Staat könne die Inflation nicht dauerhaft ungeschehe­n machen – etwa bei den hohen importiert­en Öl- und Gaspreisen. Umso wichtiger sei es aus sozialpoli­tischer Sicht, den Hauptbetro­ffenen zu helfen, also besonders einkommens­schwachen Haushalten. Und auch hier eckt Badelt bei der ÖVP an.

Die Regierungs­partei hat sich unlängst dagegen ausgesproc­hen, alle Sozialtran­sfers an den Verbrauche­rpreisinde­x zu koppeln, sprich Jahr für Jahr mit der Inflations­rate anzuheben. Badelt plädiert aber genau dafür.

Am besten noch zur Jahresmitt­e sollte es laut Badelt zu „einer generellen Anpassung von Sozialtran­sfers“kommen. Hier brauche es ein rasches Nachziehen, um die Kaufkraft der Einkommens­schwächste­n zu sichern. Badelt sagt: „Bei diesen Haushalten sind fast alle in einer Situation, in der sie sich das Leben nicht mehr leisten können.“So sei etwa beim Anstieg der Lebensmitt­elpreise das Ende der Fahnenstan­ge bestimmt noch nicht erreicht.

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