Kurier

Schwere Zeiten für die Big Player

Globale Einzelhänd­ler. Der Online-Riese Amazon, aber vor allem die stationäre­n Pendants Walmart, Target, Macy’s und Kohl’s haben ordentlich zu kämpfen. Die Gründe

- VON ANITA KIEFER

Der Online-Riese Amazon will seine Aktienkurs­e pflegen – und macht deswegen einen Aktienspli­t. Lange angekündig­t, ist der 20:1-Split gestern wirksam geworden. Wiewohl die Aktie in den vergangene­n Wochen wieder kräftig zugelegt hat, ist sie seit Jahresbegi­nn um 26 Prozent im Minus. Warum der Aktienspli­t? „Damit hoffen sie, mehr Kaufintere­sse zu generieren. Wenn die Aktie billiger wird, können sie die Leute eher kaufen“, erklärt Monika Rosen, Börsenexpe­rtin der Österreich­isch-Amerikanis­chen Gesellscha­ft, im KURIER-Gespräch.

Geschwäche­lt hat aber seit Jahresbegi­nn nicht nur der Online-Gigant. Der Einzelhand­el hat heuer allgemein zu kämpfen. Richtig schwer hat es der stationäre Einzelhand­el. Das sieht man etwa am populären USKonzern Walmart. Um knapp 12 Prozent sackte dessen Aktie seit Jahresbegi­nn nach unten. Ähnlich düster sieht es bei den Mitbewerbe­rn aus: Target rasselte überhaupt um 30 Prozent nach unten, Macy’s um 13 Prozent, Kohl’s um 17 Prozent. Global sind das lauter klingende Namen – aber derzeit mit veritablen Problemen. Im Mai kürzte Walmart seine Gewinnprog­nose. Und das, obwohl man im Februar, dem Beginn des laufenden Bilanzjahr­es, noch sehr euphorisch war. Dann kam aber das Ende des ersten Quartals – und Walmart machte in selbigem knapp ein Viertel weniger Gewinn als ein Jahr davor. Auch Target reduzierte das Gewinnziel.

Die Einzelhand­elsgigante­n kämpfen mit einer Reihe von Problemen. Da sind einmal die Inflation und die Lieferkett­enproblema­tik. „In der Pandemie waren erstmals Waren nicht mehr immer zu bekommen. Da haben offensicht­lich viele Retailer begonnen zu bestellen, damit ihnen das nicht noch einmal passiert“, sagt Rosen. Mittlerwei­le haben sich die Lieferkett­en einigermaß­en normalisie­rt. Aber: Durch Inflation, steigende Energiekos­ten etc. würden Konsumente­n Anschaffun­gen momentan eher auslassen. „Gleichzeit­ig sitzen die Retailer auf steigenden Warehouse-Kosten (Lagerhaus-Kosten, Anm.). Just-in-time hatte ja den Charme, dass es kosteneffi­zient und billig war.“

Was die Expertin auch beobachtet: „Die Mitte gerät unter Druck. Discounter und das Luxussegme­nt gehen gut, das ist im Einzelhand­el so, auch bei Hotels.“Das Kaufverhal­ten ist angesichts der genannten Gründe momentan ein geändertes. Dinge des täglichen Bedarfs müssen gekauft werden. Aber: „Wer es sich leisten kann, geht jetzt eher auf Reisen, als dass Konsumgüte­r gekauft werden, weil die Leute das sehr lange nicht konnten.“

Immobilien

Nachhaltig­keitsgedan­ken würden gerade in Amerika eher weniger dazu beitragen, dass der Konsum hintangeha­lten wird, denkt Rosen. Was das Konsumverh­alten aber sehr wohl ebenfalls beeinfluss­t: „Die steigenden Zinsen beginnen die Immobilien zu belasten. Und wenn man keine neue Immobilie hat, braucht man auch keine neue Einrichtun­g.“

Der Druck auf Walmart und Co. kommt aber nicht nur aus der post-pandemisch­en Situation bzw. von der Inflation, sondern auch vom mächtigen Mitbewerbe­r Amazon. Zwar sieht es für den aktuell beim Aktienkurs eben auch nicht gerade rosig aus, aber es ist doch anzunehmen, dass Amazon sich rascher erholt, weil Faktoren wie hohe Immobilien­kosten etc. wegfallen. Wiewohl natürlich die Fracht- und Logistikko­sten auch hier stark zu Buche schlagen. Und: „Amazon tritt wie viele TechUntern­ehmen, siehe Netflix, gegen die eigenen fantastisc­hen Zahlen an“, so Rosen, immerhin waren sie 2021 die großen Krisengewi­nner.

Auch Analysten glauben bei Amazon an eine relativ rasche Erholung. Bei Amazon ist die Stimmung deutlich bullischer (Erwartung steigender Preise, Anm.) als bei den stationäre­n Retailern. Sie gehen davon aus, dass sich die Verzerrung im Kaufverhal­ten austariere­n wird, wenn Covid überwunden ist und Amazon die Dominanz wieder ausspielen kann.

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Nicht nur beim traditions­reichen Einzelhänd­ler Walmart kam der Aktienkurs heuer unter Druck. Den Mitbewerbe­rn geht es ähnlich

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