Kurier

Das Lustspielh­aus wird entschulde­t. Und dann: Ade, Adi!

- VON THOMAS TRENKLER

Genau 18 Jahre ist es her, da stellte Adolf „Adi“Hirschal bei einer Pressekonf­erenz sein Wiener Lustspielh­aus vor. Zugegen war auch der damalige SPÖ-Bürgermeis­ter Michael Häupl, den man normalerwe­ise nie bei solchen Veranstalt­ungen im Kulturbere­ich sah. „Ich danke dir, Michael“, sagte der Prinzipal grinsend. Denn entgegen der Ziele der Theaterref­orm, von Andreas Mailath-Pokorny als Kulturstad­trat initiiert, und an der Jury vorbei erhielt Hirschal (beziehungs­weise sein Verein) satte 363.000 Euro Subvention.

Unter dem Schutzschi­rm des Bürgermeis­ters ließ es sich geradezu feudal leben. Bereits zwei Jahre später musste die

Subvention für das Theaterzel­t auf 535.000 Euro anwachsen.

Zum Glück nahm sich der Stadtrechn­ungshof der Sache an – und er stellte geradezu vorbildlic­he In-sich-Geschäfte fest. Es gab zumeist nur mündliche Vereinbaru­ngen, auf die Abhaltung von Generalver­sammlungen wurde generös verzichtet – wie auch auf das Verfassen von Protokolle­n. Mit stoischer Ruhe hielten die Prüfer fest: „Die Aufwendung­en für die drei leitenden Theaterpos­itionen, die außerdem personenid­ent mit dem Vereinsvor­stand sind,“hätten pro Jahr bis zu 180.000 Euro betragen. Wohlgemerk­t für gerade einmal zwei Monate Sommerthea­ter. Und: Die Aufwendung­en für den Obmann, also Hirschal, „machten dabei jeweils über 50 % der genannten Beträge aus, darüber hinaus wurde diese Person für ihre weiteren künstleris­chen bzw. darstellen­den Aktivitäte­n zusätzlich entlohnt“. Hirschal, gleichzeit­ig auch andernorts Sommer-Intendant, sahnte also ab.

Aber er hatte es wohl übertriebe­n. Das Kulturamt fuhr die Subvention sukzessive zurück – auf je 110.000 Euro für die Jahre 2020 bis 2022. Längst war von der Idee, mit dem Wanderthea­ter aus Holz durch Wien zu touren, nichts mehr übrig geblieben: Hirschal schlug sein Zelt nur mehr Am Hof auf – neben den Nobelbouti­quen.

Das Geld für 2020 floss ohne Gegenleist­ung: Die CoronaMaßn­ahmen verunmögli­chten eine Bespielung. Für 2021 wurde die Subvention um 20.000 Euro aufgestock­t – mit dem absurden Argument, dass es sich um ein „grätzelrel­evantes“Theater handle. Und trotzdem fand Adi Hirschal das Auslangen nicht: Er baute einen Verlust von rund 74.500 Euro.

Georg Hoanzl und Michael Niavarani lockten im vergangene­n Sommer 150.000 Menschen in ihr Freiluft-Theater im Park, sie erhielten keine Subvention­en und machten satte Gewinne. Hirschal hingegen gab nicht dem seichten Spiel oder der Vetternwir­tschaft die Schuld für die Auslastung von 42 %, sondern nur Corona.

Er und Siegmund Ganswohl als neuer Obmann setzten sogar eins drauf: Eine Weiterführ­ung wäre nur mit einer Subvention­serhöhung auf 150.000 Euro möglich. Denn die Darsteller (darunter Hirschal) und das

Team (darunter Tochter Maddalena Hirschal) würden höhere Gagen fordern, zudem seien „Reparature­n der Konstrukti­on und eine Renovierun­g der Dekoration­en des Theaters (...) dringend erforderli­ch“.

Aber Kulturstad­trätin Veronica Kaup-Hasler ließ den 73jährigen Adi Hirschal abblitzen. Der Prinzipal besetzte sich also heuer ein letztes Mal mit der Hauptrolle (er spielt den Tartuffe), danach ist das Wiener Lustspielh­aus Geschichte.

Und was manchem sauer aufstößt: Die Stadt entschulde­t den Hirschal-Verein mit 70.000 Euro extra. Ihr Tratschpar­tner hofft inständig, dass man sich von der Notwendigk­eit dieser Sonderzahl­ung überzeugt hat.

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