„Amoktat“: Auto rast in Menschenmenge in Berlin
Innensenatorin spricht von „psychisch beeinträchtigtem Menschen“
In der Berliner Innenstadt, beim Breitscheidplatz nahe der Gedächtniskirche, ist am Mittwoch ein Auto in eine Menschenmenge, unter ihnen eine Schülergruppe aus Hessen, und in ein Geschäft gefahren. Die Folgen: Eine Lehrerin starb, neun Menschen wurden schwer verletzt, sechs davon schwebten bei Redaktionsschluss in Lebensgefahr. Unter den Opfern soll auch eine Schwangere sein, sie erlitt einen Hüftbruch.
Bei dem Lenker des Renault Clio handelt es sich um einen 29-jährigen, in Berlin lebenden Deutsch-Armenier. Er wurde festgenommen, die Polizei durchsuchte seine Wohnung. „Ob es sich um einen Unfall handelt oder vorsätzliches Handeln, ist noch nicht bekannt“, gab die Berliner Polizei zunächst auf Twitter bekannt. Nach BildAngaben ist der Mann wegen
Eigentumsdelikten polizeibekannt. Die Berliner Innensenatorin Iris Spranger bezeichnete die Todesfahrt am Mittwochabend dann allerdings als „Amoktat“.
Sie schrieb: „Nach neuesten Informationen stellt sich das heutige Geschehen in der Tauentzienstraße als eine Amoktat eines psychisch beeinträchtigten Menschen dar“, erklärte Spranger auf Twitter . Im Auto wurden neben Schriftstücken auch Plakate mit Aufschriften gefunden. „Ein richtiges Bekennerschreiben gibt es nicht“, hatte Spranger aber erklärt.
Von Passanten gestellt
Die Bild-Zeitung verwies auf Augenzeugen-Berichte, wonach der Fahrer zunächst weggerannt sei. Passanten sollen ihn festgehalten und an die Polizei übergeben haben, berichtete auch Polizeisprecher Thilo Cablitz. Der Schauplatz lag in der Nähe des Ortes eines tödlichen Angriffs am 19. Dezember 2016, als Anis Amri, ein gescheiterter tunesischer Asylbewerber mit islamistischen Verbindungen, einen Lastwagen entführte, den Fahrer tötete und dann auf einen überfüllten Westberliner Weihnachtsmarkt fuhr. Zwölf Menschen starben in den Trümmern, einige Jahre später erlag ein 49-Jähriger den Spätfolgen einer Verletzung, die er erlitten hatte, als er den Opfern zu Hilfe eilte. Er wird als 13. Todesopfer des Anschlags eingestuft. Mehr als 70 Menschen wurden verletzt.
Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey gab auf Twitter am Mittwoch ihre Betroffenheit bekannt: „Ich bin tief betroffen von diesem Vorfall. Wir wissen, dass es eine Tote gibt und mehrere Schwerverletzte. Die Polizei arbeitet mit Hochdruck an der Aufklärung. Ich werde mir im Laufe des Tages ein Bild von der Lage vor Ort machen.“
Auch die deutsche Regierung, Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeigten sich bestürzt über das Geschehene. „Meine Gedanken sind bei den schwer und sehr schwer Verletzten, bei dem Todesopfer“, erklärte Steinmeier. „Und sie sind bei denen, die Schreckliches erleben mussten. Mein tiefes Mitgefühl gilt ihnen, allen Angehörigen und Hinterbliebenen.“
Mit Vollgas
Wie Augenzeugen berichten, fuhr der Mann „Vollgas“auf den Gehsteig des Ku’damms und in eine Menschengruppe. Dann fuhr er zurück und lenkte seinen Wagen ein weiteres Mal auf den Gehsteig, touchierte ein anderes Fahrzeug und landete im Schaufenster einer DouglasFiliale. Dort gab es keine Verletzten.