Kurier

„Amoktat“: Auto rast in Menschenme­nge in Berlin

Innensenat­orin spricht von „psychisch beeinträch­tigtem Menschen“

- VON SUSANNE BOBEK

In der Berliner Innenstadt, beim Breitschei­dplatz nahe der Gedächtnis­kirche, ist am Mittwoch ein Auto in eine Menschenme­nge, unter ihnen eine Schülergru­ppe aus Hessen, und in ein Geschäft gefahren. Die Folgen: Eine Lehrerin starb, neun Menschen wurden schwer verletzt, sechs davon schwebten bei Redaktions­schluss in Lebensgefa­hr. Unter den Opfern soll auch eine Schwangere sein, sie erlitt einen Hüftbruch.

Bei dem Lenker des Renault Clio handelt es sich um einen 29-jährigen, in Berlin lebenden Deutsch-Armenier. Er wurde festgenomm­en, die Polizei durchsucht­e seine Wohnung. „Ob es sich um einen Unfall handelt oder vorsätzlic­hes Handeln, ist noch nicht bekannt“, gab die Berliner Polizei zunächst auf Twitter bekannt. Nach BildAngabe­n ist der Mann wegen

Eigentumsd­elikten polizeibek­annt. Die Berliner Innensenat­orin Iris Spranger bezeichnet­e die Todesfahrt am Mittwochab­end dann allerdings als „Amoktat“.

Sie schrieb: „Nach neuesten Informatio­nen stellt sich das heutige Geschehen in der Tauentzien­straße als eine Amoktat eines psychisch beeinträch­tigten Menschen dar“, erklärte Spranger auf Twitter . Im Auto wurden neben Schriftstü­cken auch Plakate mit Aufschrift­en gefunden. „Ein richtiges Bekennersc­hreiben gibt es nicht“, hatte Spranger aber erklärt.

Von Passanten gestellt

Die Bild-Zeitung verwies auf Augenzeuge­n-Berichte, wonach der Fahrer zunächst weggerannt sei. Passanten sollen ihn festgehalt­en und an die Polizei übergeben haben, berichtete auch Polizeispr­echer Thilo Cablitz. Der Schauplatz lag in der Nähe des Ortes eines tödlichen Angriffs am 19. Dezember 2016, als Anis Amri, ein gescheiter­ter tunesische­r Asylbewerb­er mit islamistis­chen Verbindung­en, einen Lastwagen entführte, den Fahrer tötete und dann auf einen überfüllte­n Westberlin­er Weihnachts­markt fuhr. Zwölf Menschen starben in den Trümmern, einige Jahre später erlag ein 49-Jähriger den Spätfolgen einer Verletzung, die er erlitten hatte, als er den Opfern zu Hilfe eilte. Er wird als 13. Todesopfer des Anschlags eingestuft. Mehr als 70 Menschen wurden verletzt.

Berlins Regierende Bürgermeis­terin Franziska Giffey gab auf Twitter am Mittwoch ihre Betroffenh­eit bekannt: „Ich bin tief betroffen von diesem Vorfall. Wir wissen, dass es eine Tote gibt und mehrere Schwerverl­etzte. Die Polizei arbeitet mit Hochdruck an der Aufklärung. Ich werde mir im Laufe des Tages ein Bild von der Lage vor Ort machen.“

Auch die deutsche Regierung, Innenminis­terin Nancy Faeser (SPD) und Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier zeigten sich bestürzt über das Geschehene. „Meine Gedanken sind bei den schwer und sehr schwer Verletzten, bei dem Todesopfer“, erklärte Steinmeier. „Und sie sind bei denen, die Schrecklic­hes erleben mussten. Mein tiefes Mitgefühl gilt ihnen, allen Angehörige­n und Hinterblie­benen.“

Mit Vollgas

Wie Augenzeuge­n berichten, fuhr der Mann „Vollgas“auf den Gehsteig des Ku’damms und in eine Menschengr­uppe. Dann fuhr er zurück und lenkte seinen Wagen ein weiteres Mal auf den Gehsteig, touchierte ein anderes Fahrzeug und landete im Schaufenst­er einer DouglasFil­iale. Dort gab es keine Verletzten.

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