Kurier

Tee-Tipps für Wien

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Da kann einem als Wienerin oder Wiener vor Schreck schon mal das Häferl aus der Hand fallen: Ein deutsches Unternehme­n will in Wien die fast schon kultig verehrte Kaffeehaus­kultur aufmischen. Mit Tee.

Derjenige, der sich das traut, ist Jens de Gruyter, Gründer von „Paper&Tea“. In einem Shop gegenüber der Staatsoper in der Walfischga­sse 1 sollen ab Herbst „anspruchsv­olle handverarb­eitete Ganzblatt- und Kräutertee­s“verkauft werden. Es sei seit jeher bekannt, dass Wien die Wiege der europäisch­en Kaffeehaus­kultur ist, sagt de Gruyter. Abgeschrec­kt hat ihn das aber nicht, im Gegenteil. „Wir freuen uns auf den feinen Sinn der Wiener.“

Der Zeitpunkt ist jedenfalls gut – Tee liegt in Wien im Trend. Das zeigt sich auch in der Unternehme­nslandscha­ft. Milford Tee Austria etwa verlegt seinen Firmenstan­dort genau fünfzig Jahre nach seiner Gründung in Innsbruck in die Postgasse in der City. Demmers Teehaus hat seit Mai eine neue Filiale am Hauptbahnh­of. „Tee ist in der Mitte der Konsumwelt angekommen“, sagt dazu Johann Brunner vom Österreich­ischen Teeverband.

Das dort angesiedel­te TeeInstitu­t wurde 1951 ins Leben gerufen, um dem Tee-Unwissen der Wiener entgegenzu­wirken. „Die österreich­ische Hausfrau, eine perfekte Kaffeeköch­in, scheut sich manchmal Tee zuzubereit­en oder spart bei der Teemenge“, ist etwa in der Gründungsg­eschichte zu lesen.

Das sei heute in keiner Weise mehr zeitgemäß, so Brunner.

Neue Präsentati­on

Kaffeelieb­haber müssen trotz des Tee-Vormarsche­s aber nicht bangen, sagt Wolfgang Binder, Inhaber vom Café Frauenhube­r und Obmann der Kaffeehaus­betreiber in der Wiener Wirtschaft­skammer. Nach wie vor würden 80 Prozent der Gäste Kaffee bestellen – und nur 20 Prozent Tee. Es zeichnen sich aber neue Trends ab. „Eigene Eisteekrea­tionen sind sehr gefragt“, sagt Binder – passend dazu ist heute, Freitag, der internatio­nale Tag des Eistees.

Aber nicht nur das Getränk an sich, auch die Präsentati­on habe sich geändert. Tee werde immer seltener in Glashäferl­n serviert, viel öfter sind es Kännchen. „Man kann das Teetrinken so viel mehr zelebriere­n und jeder kann den Tee nach eigenem Belieben ziehen lassen“, so Binder.

Dass der Schritt weg vom Kaffee und hin zum Tee gelingen kann, zeigt der Werdegang von Andrew Demmer. Sein Großvater war ein Schwergewi­cht am Kaffeemark­t. 1951 eröffnete er unter anderem am Kohlmarkt das Café Arabia und führte dort den Espressoka­ffee ein (eine Ausstellun­g über das Café Arabia ist derzeit im Jüdischen Museum Wien zu sehen). „Ich habe als junger Mann eine eigene Spielwiese gesucht und habe mich dem Tee gewidmet“, sagt Demmer. Das Unterfange­n gelang: Seit 1981 ist das Demmer Teehaus aus Wien nicht mehr wegzudenke­n. Unter anderem auch wegen Sorten, die den Teegeschma­ck der Wienerinne­n und Wiener bedienen soll, wie etwa die „Sacher Mischung“, die an das Hotel Sacher geliefert wird.

Tee sei zwar konstant beliebt, aber Kaffeelieb­haberei steige immer weiter an, sagt Demmer. Vor 40 Jahren hätten Österreich­er noch 3,5 Kilo pro Kopf und Jahr getrunken, mittlerwei­le seien es 8,5 Kilo.

George-Clooney-Effekt

Das liege am Marketing, sagt Binder. „Nespresso“bewerbe – etwa mit George Clooney – nicht nur die eigene Marke, sondern den Kaffeegenu­ss an sich. „Das wirkt sich immens auf die gesamte Branche aus.“

Binder und Demmer hätten versucht, den Tee mit Events noch beliebter zu machen. Teeund Käse-Verkostung­en seien aber nicht der Renner gewesen. (Zu Blauschimm­el passt übrigens Oolong-Tee.)

Einen neuen Versuch können die Berliner von „Paper& Tea“wagen. Sie wollen unter anderem Teeseminar­e und Teemeditat­ionen anbieten. Aber auch neue Kreationen wie alkoholfre­ie Tee-Cocktails.

Paper&Tea Handverarb­eitete Ganzblattt­ees gibt es ab Herbst in der Walfischga­sse 1. Geplant ist auch eine „Tea-Bar“

Demmers Teehaus

Die neueste Filiale hat im Mai beim Hauptbahnh­of eröffnet. Das Besondere: Dort werden neben den Tees auch Brötchen aus dem Hause Trześniews­ki verkauft

JägerTee

JägerTee wurde 1862 in der Operngasse 6 gegründet – es ist damit das älteste Teefachges­chäft Wiens. Hier gibt es mehr als 300 verschiede­ne Sorten

In der Wollzeile 4 werden Tees und Spirituose­n angeboten. Jeden Freitag gibt es ab 14 Uhr im Hof Cocktail-Verkostung­en

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