Randvoll mit Schmerz: Gewalt an Spaniens Schulen
Kritik. Ein Kind. Spielend, lachend, laufend. Glücklich. Es beginnt mit alten Super-8-Filmaufnahmen.
Eine sonore Stimme aus dem Off zerstört die Idylle sofort: „Das ist ein Leben, das sich nach und nach mit Schmerzen füllen wird.“– „Dieses Kind wird die Welt als verloren betrachten.“– „Dieses Kind, randvoll mit Schmerz, wird in der Welt verloren gehen.“
Ein bärtiger Mann in Sportkleidung betritt die Bühne im nur halb gefüllten Wiener Schauspielhaus und setzt sich auf eine Bank am Rand eines sandigen Fußballplatzes. Er beginnt dem Publikum seine Geschichte zu erzählen. Es ist eine Geschichte voller Schmerz und
Gewalt, erlitten in einer spanischen Klosterschule.
Das ist das, was das Publikum sieht. Oder das, was der Mann sich vorstellt. In Wahrheit liegt er in einem Krankenhaus, an Seele und Körper krank geworden, und schreibt einen Brief an einen „Freund“– den er möglicherweise gar nicht kennt.
Vor einem Jahr deckten Medien einen Missbrauchsskandal an einer Ordensschule in Galizien auf. Der spanische Theatermacher Pablo Fidalgo nahm das zum Anlass, seine eigenen Erfahrungen an dieser Schule auf die Bühne zu bringen. „La enciclopedia del dolor. Tomo I: Esto que no salga de aquí“ (zu Deutsch: „Die Enzyklopädie des Schmerzes. Band I: Das bleibt unter uns“) erzählt davon, dass das System der Franco-Diktatur in den Menschen weiterlebt, in Form von Gewalt und Verschweigen derselben.
Einziger Darsteller der Inszenierung ist Gonzalo Cunill, er spricht fast tonlos (auf Spanisch, es gibt Übertitel) und verzichtet auf große Gesten, was die Wirkung des Textes noch verstärkt. Die Inszenierung steht in der Tradition des „armen Theaters“, sie braucht keine Effekte.
Am Ende stehen Hoffnung und ein Tanz zu Lucio Dallas Lied „Attenti al lupo“(Vorsicht vor dem Wolf).
KURIER-Wertung:
USA. Starregisseur Woody Allen hat die Cancel Culture kritisiert. „Ich glaube, dass das eine vorübergehende Phase von Dummheit ist – künftige Generationen werden darüber lachen, denn das Ganze ist einfach nur peinlich“, sagte der 86-Jährige dem Magazin Playboy. Cancel Culture ist ein politischer Begriff für Bestrebungen, Menschen wegen des Vorwurfs diskriminierenden oder unethischen Verhaltens im sozialen und beruflichen Umfeld zu ignorieren.
Allen sieht sich seit Langem mit dem Vorwurf innerfamiliären sexuellen Missbrauchs konfrontiert, was er bestreitet. Es gibt daher immer wieder auch Forderungen, seine Filme nicht zu zeigen. Allen kontert: Cancel Culture erinnere ihn an die „antikommunistische Hexenjagd von Senator McCarthy“in den USA der 50er-Jahre, sagte der Regisseur und Schauspieler dem Playboy. Auch diese erscheine aus heutiger Sicht als „schlechter Scherz“.