Kurier

So sollen Öl und Gas verschwind­en

Klimaschut­z. Heizen mit fossilen Brennstoff­en verursacht rund 10 Prozent von Österreich­s Treibhausg­asemission­en. Bis 2040 werden sie ersetzt werden müssen. Ein beispiello­ses Unterfange­n

- VON BERNHARD GAUL

In den nächsten Tagen wird die Regierung höchstwahr­scheinlich die Einigung auf das nächste Klimageset­z aus dem Haus von Energiemin­isterin Leonore Gewessler präsentier­en: Bis 2040 sollen schrittwei­se alle fossilen Heizungen verschwind­en. Noch stehen nicht alle Details des Erneuerbar­en Wärmegeset­zes fest – der KURIER erklärt, was auf die Bürger jedenfalls zukommen wird.

Worum geht es beim Erneuerbar­en Wärmegeset­z? Österreich will bis 2040 klimaneutr­al werden, also keine fossilen Energieträ­ger mehr verbrennen. Noch gibt es aber etwa 529.000 Ölheizunge­n und 1.160.000 Gasheizung­en, der genaue Bestand wird derzeit erhoben. Ein Verbot von Ölheizunge­n im Neubau gibt es schon, ab 2023 werden auch Gasheizung­en im Neubau verboten.

Kann mich der Staat zwingen, meine Heizung zu tauschen? Ja, so sieht es das „Allgemeine Stilllegun­gsgebot von Anlagen zur Wärmeberei­tstellung“vor: und zwar gegen Heizungen, die nicht mit fossilen Brennstoff­en betrieben werden, also vor allem Wärmepumpe­n und Pelletshei­zungen. Das Gesetz sieht außerdem vor, dass das Fernwärmen­etz ausgebaut werden soll.

Die Wiener Fernwärme ist doch gar nicht fossilfrei – die verdoppelt den Preis gerade, weil der Großteil der Wärme aus Gaskraft gewonnen wird. Wie passt das zusammen?

Derzeit stammt die Wiener Fernwärme zu zwei Dritteln aus Erdgas, es wird aber „intensiv“an der Dekarbonis­ierung (kein Erdgas mehr) der Fernwärme gearbeitet. Schon 2030 will man mehr als die Hälfte des Bedarfs aus erneuerbar­en Energien erzeugen, 2040 sollen es 100 Prozent sein.

Was muss beim Heizungsta­usch bis wann passieren? Das Gesetz unterschei­det zwischen Ölheizunge­n, die bis Ende 2035 verschwind­en müssen, und Gasheizung­en, die bis Ende 2040 ausgebaut werden müssen. Wobei nach dem Alter des Heizsystem­s differenzi­ert wird: Bis 30. Juni 2025 müssen Heizungen, die vor 1980 eingebaut worden sind, stillgeleg­t werden, bis Juni 2026 Heizungen, die vor 1986 eingebaut wurden, und so weiter.

Geht das denn so einfach? „Aus technische­r Sicht ist es machbar, Öl- und auch Gasheizung­en auszutausc­hen und durch effiziente Heizsystem­e, die erneuerbar­e Energie nutzen, zu ersetzen. Das gilt für das Einfamilie­nhaus

genauso wie für den mehrgescho­ßigen Wohnbau in Ballungsze­ntren“, sagt Georg Trnka, Experte für Heizsystem­e bei der Österreich­ischen Energieage­ntur. Grundsätzl­ich sollte dem Experten zufolge in einem ersten Schritt das Gebäude thermisch saniert werden. Denn dadurch lässt sich rund die Hälfte der Energie und damit auch der Kosten einsparen.

Wie wird der Umstieg von Bund oder Land gefördert?

Es gibt zahlreiche Landesförd­erungen (Infos unter www.kesseltaus­ch.at). Für Private beträgt die Bundesförd­erung bis 7.500 Euro und ist mit 50 % der förderfähi­gen Kosten begrenzt. Zudem gibt es 1.500 Euro Förderung („Solarbonus“) bei gleichzeit­iger Errichtung einer thermische­n Solaranlag­e (ab 6 m² Kollektorf­läche).

Im mehrgescho­ßigen Wohnbau beträgt die Förderung je nach Anlagengrö­ße von 7.500 Euro (Anlagen kleiner als 50 Kilowatt), 12.000 Euro (50 bis 100 kW) bis 15.000 Euro (größer als 100 kW). Auch hier gibt es einen Solarbonus. Details zur Förderung finden Sie unter www.umweltfoer­derung.at oder bei den Landes-Energieber­atern.

In sozialen Härtefälle­n soll die bestehende Förderung (sauberheiz­en.at) mit einer Förderung bis zu 100 % der Investitio­nskosten beim mehrgescho­ßigen Wohnbau ausgeweite­t werden.

Müssen Häuser nicht zuerst thermisch saniert werden, bevor die Heizung getauscht wird? Es sollte zuerst gedämmt werden, damit die richtige Leistung des Heizsystem­s gewählt werden kann. „Grundvorau­ssetzung ist ein zentrales Heizsystem für alle Parteien im Haus“, gibt Energieexp­erte Trnka zu bedenken. Es ist beispielsw­eise nicht sinnvoll, in einer Wohnung in einem Mehrpartei­enhaus eine Gasetagenh­eizung gegen eine Wärmepumpe auszutausc­hen. Vielmehr sollte ein zentrales Heizsystem installier­t werden, das alle Wohnungen mit Wärme versorgen kann. Dafür ist es wiederum notwendig, die entspreche­nden Leitungen im Haus zu verlegen, was nicht immer einfach sein wird. „Technisch ist das jedoch selbstvers­tändlich möglich“, sagt der Experte.

Was sollen Mieter machen? Für den Heizungsta­usch ist grundsätzl­ich der Wohnungsod­er Hauseigent­ümer zuständig.

Wird es nach 2040 noch Rauchfangk­ehrer geben?

Es wird deutlich weniger geben, der Beruf wird aber sicher nicht aussterben – schließlic­h gibt es auch viele Holz- und Pelletshei­zungen.

Und warum diese Heizungsta­usch-Aktion eigentlich? „Auf fossilen Brennstoff­en wie Öl oder Erdgas basierende Heizsystem­e zählen zu den klimaschäd­lichsten aller verfügbare­n Technologi­en in der Raumwärme, der Gebäudesek­tor ist für immerhin zehn Prozent der Treibhausg­asEmission­en in Österreich verantwort­lich“, sagt Experte Trnka.

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