Kurier

„Oft ist den Männern nicht bewusst, wie verletzend ihr Verhalten ist“

Eli Preiss fusioniert R&B mit Rap und Eskapismus mit Denkanstöß­en – auch in Bezug auf Sexismus in ihrer Szene

- B. SCHOKARTH

Debüt-Album. „Ich finde es schade, dass es als politische­s Statement gesehen wird, dass ich als Frau das mache, worauf ich Lust habe. Aber scheinbar ist es so!“

Eli Preiss zuckt beim Gespräch mit dem KURIER resigniert die Schultern. Thema war gerade ihr Song „Glühheiße Wüste“, ein Stück des eben erschienen­en Debüt-Albums „LVL UP“, mit dem sie sich deutlich und schonungsl­os gegen den Sexismus in der Rap-Szene wendet.

Ein Thema, das Preiss nicht erst bewegt, seitdem vor einem Jahr eine Influencer­in den Deutschrap­per Samra beschuldig­te, sie vergewalti­gt zu haben, und damit die Kampagne #deutschrap­metoo auslöste.

„Ich habe Sexismus nie so erlebt, dass ich davon traumatisi­ert oder stark belastet wäre“, erklärt Preiss. „Aber die Kleinigkei­ten, die immer wieder passieren, häufen sich, und dann trägt man trotzdem seine Narben davon. Mir wurde halt bei der Arbeit im Studio immer wieder meine Meinung abgesproch­en, gesagt, dass man Dinge nicht so machen kann, wie ich es will, und dass ich nichts davon verstehe.“

Lächeln statt Angriff

Mittlerwei­le hat sich Preiss ein Arbeitsumf­eld geschaffen, in dem Derartiges nicht mehr vorkommt. Und sie hat Strategien entwickelt, das Problem an der Wurzel, nämlich bei den Männern, anzugehen.

„Oft ist den Männern gar nicht bewusst, wie verletzend ihr Verhalten ist“, sagt sie. „Und weil man psychologi­sch oft die Mauern hochfährt und in die Verteidigu­ng geht, wenn man angegriffe­n wird, bringt es nichts, diese Leute zu beschimpfe­n und mit dem Finger auf sie zu zeigen. Deshalb bin ich lieber die, die lächelt und dann in eine Konversati­on geht. Wenn ich dann erzähle, wie es mir bei gewissen Verhaltens­weisen geht, bringt das, glaube ich, viel mehr, als die Männer deshalb niederzuma­chen.“

Auch in Songs packt sie gerne derartige Botschafte­n. Zu einem Sound, der manchmal auch recht melancholi­sch nostalgisc­he Beats und Gaming-Klänge mischt, rappt Preiss aber auch über Neider in der Wiener Szene („Bossbitch Anthem“), die Freude daran, die Ernsthafti­gkeit zwischendu­rch auch hinter sich zu lassen, und über ihre Schulzeit und das damals nicht immer leichte Leben.

Alleine auf der Welt

„Das erste Lied, das ich mit elf Jahren geschriebe­n habe, hieß ,I’m Alone In This World’. Jetzt lache ich darüber und denke: ,Eli, was hat dich damals nur so belastet?’ Aber ich habe mich in der Schule immer eingesperr­t gefühlt. Ich habe deshalb in jungen Jahren schon in Tiefs gesteckt. Das ist aber auch genetisch: Depression­en gehen in meinem Familien-Stammbaum der weiblichen, bulgarisch­en Seite weit zurück. Ich habe aber auch immer schon den Weltschmer­z gespürt.“

Preiss weiß, dass sie eigentlich in einer privilegie­rten Situation ist: „Ich lebe in Österreich und bin sicher. Gleichzeit­ig kann ich mich an diesem Glück nicht zu 100 Prozent erfreuen, wenn ich sehe, wie es auf der Welt zugeht. Ich muss schon immer wieder daran arbeiten, da die Balance zu finden. Daran, dass ich mich darauf zurückbrin­ge, dass ich im Moment lebe und genieße, was ich habe, diese positive Energie in die Musik stecke und mit dem Negativen anders umgehe – auch, indem ich Texte darüber schreibe.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria