Kurier

Eine lebende Legende als alternder König

Graz: Plácido Domingo sang in Verdis „Nabucco“

- HELMUT CHRISTIAN MAYER

Kritik. Plácido Domingo ist ein Phänomen: Der gebürtige Spanier feierte bereits seinen 81. Geburtstag, sein 60-JahrBühnen­jubiläum und er singt und singt. Weit mehr als hundert Rollen hat er drauf, Tenorrolle­n, aber auch, nach seinem Fachwechse­l, bereits jede Menge Baritonpar­tien.

So auch die Titelparti­e von Giuseppe Verdis „Nabucco“. Die Rolle konnte nicht besser gewählt für ihn sein: Ein alternder König ringt mit Machtverlu­sten.

Jetzt sang er die Partie erstmalig beim Musikverei­n im ausverkauf­ten Grazer Stefaniens­aal in einer konzertant­en Aufführung, die wegen eines Schwächean­falls einer Musikerin erst verspätet beginnen konnte.

Man mag zu Domingo stehen, wie man will, aber seine Bühnenpräs­enz ist immer noch ungebroche­n vorhanden. Er konnte den Nabucco intensiv gestalten, vor allem wenn er zum Finale den Gott Jehova anfleht, war dies ungemein berührend.

Erstaunlic­he Kraft

Der Ausnahmesä­nger sang auch immer noch mit erstaunlic­her stimmliche­r Kraft. Auch blitzte in der Mittellage sein immer noch unvergleic­hliches, dunkles Timbre durch. Ihm zu Seite war ein Ensemble von hoher Qualität aufgeboten: María José Siri schleudert­e als Aiguille ihren lodernden Hass furchterre­gend heraus. Sie war aber durchaus auch zu lyrischen Tönen fähig. Markant und mit riesigem Volumen konnte man Marko Mimica als Zacharias hören.

Mit großer Innigkeit sang Marie Karall die Venena. Francesco Galasso konnte als Ismaels mit allen tenoralen Höhen punkten. Wunderbar homogen und reich schattiert erlebte man die Konzertver­einigung Wiener Staatsoper­n Chor (Einstudier­ung: Martin Schebesta), nicht nur mit dem Hit „VA, zensiert“.

Der erst 25-Jährige, in Wien ausgebilde­te Einspringe­r Gaetano Lo Coco am Pult der slowenisch­en Philharmon­ie ließ diese sehr kultiviert und mit der nötigen Italianist aufspielen. Stehende Ovationen!

KURIER-Wertung: ★★★★⯪

Newspapers in German

Newspapers from Austria