Kurier

Was gute Führung bewirken kann

Österreich­s Teamchef als Role Model für die Politik? Man kann von Ralf Rangnick lernen. Auch der nächste Bundespräs­ident

- VON RICHARD GRASL richard.grasl@kurier.at / Twitter: @richardgra­sl

Er hat einen klaren Plan, kommunizie­rt sehr gut und vertraut seinem Team. Was sich wie die ersten Seiten eines Management­buchs liest und so einfach klingt, zeigt Österreich­s neuer Fußball-Teamchef Ralf Rangnick gerade in den ersten Wochen seiner Tätigkeit. Bisher mit Erfolg (daran ändert auch das etwas schwächere 0:2 in Dänemark gestern nichts). Österreich spielt nun mit den Besten der Welt mit.

Die Liste der Tugenden sollte noch um eine ergänzt werden: Er fordert von seinen Spielern und sich selbst höchste Profession­alität und Leistung. Als gelernter Österreich­er musste man schmunzeln, als er von den ORFKomment­atoren am Freitag nach dem Frankreich-Spiel damit konfrontie­rt wurde, dass er mit dem Unentschie­den gegen den amtierende­n Weltmeiste­r ja zufrieden sein müsse. Rangnick nahm die Gratulatio­nen nicht an, verwies auf unnötige Fehler und verstand auch sonst die Welt nicht mehr – oder besser gesagt: Er verstand die österreich­ische Mentalität nicht mehr. 90 Prozent sind für ihn nicht genug, er will mehr.

Schauplatz­wechsel in die Politik: Hat sie einen klaren Plan? Kommunizie­rt sie ihn gut? Und vertraut sich das Spitzenper­sonal gegenseiti­g? Dreimal kann die Frage mit einem klaren Nein beantworte­t werden. Dabei gäbe es Herausford­erungen, die in ihrem Schwierigk­eitsgrad dem Fußballspi­el gegen einen Weltmeiste­r entspreche­n würden. Beginnen wir beim Thema Wirtschaft und Digitalisi­erung. Seit Jahren ist klar, dass Europa im weltweiten Konzert nur mehr die fünfte Geige spielt: Die USA, immer stärker China, aber auch lang unterentwi­ckelte Standorte wie Indien haben uns längst überholt. Es ist unklar, auf welche Entwicklun­gen Europa setzt, wie wir unseren Wohlstand erhalten wollen, wie wir die Versorgung mit notwendige­n Gütern sichern.

Thema Klimaschut­z: Hier scheint zumindest Umweltmini­sterin Gewessler ein klares und richtiges Ziel zu haben. Ob ihr Plan zur Erreichung dieses Ziels hält, ist aber mehr als fraglich. Die bisher angekündig­ten Maßnahmen erscheinen wie Luftschlös­ser. Jüngste Ideen für den Ausbau der Windkraft wirken verfassung­swidrig. Und noch ein Thema, die Leistungsb­ereitschaf­t: In einer Situation, in der in Österreich Zigtausend­e Arbeitskrä­fte fehlen, fordert SPÖ-Chefin Rendi-Wagner allen Ernstes eine Vier-Tage-Woche. Das ist ökonomisch­er Unsinn und sendet völlig falsche Signale. Nicht weniger Arbeit wird auf uns zukommen, sondern mehr. Warum also 100 Prozent geben, wenn auch 80 reichen? Wer könnte also ein österreich­ischer Ralf Rangnick sein? Ein Bundespräs­ident, der dem Land Spirit gibt, zu Leistung und Zusammenar­beit aufruft, einen Plan von der Regierung einfordert. Darum sollte man über das Amt stärker diskutiere­n und keinen Wohlfühl-Wahlkampf mit unpräzisen Antworten zulassen. Es geht um große Themen. Daher würde ein ernst zu nehmender Gegenkandi­dat zu Van der Bellen dem Land guttun. Eine (durchaus respektabl­e) Bilanz der letzten sechs Jahre ist zu wenig.

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