Was gute Führung bewirken kann
Österreichs Teamchef als Role Model für die Politik? Man kann von Ralf Rangnick lernen. Auch der nächste Bundespräsident
Er hat einen klaren Plan, kommuniziert sehr gut und vertraut seinem Team. Was sich wie die ersten Seiten eines Managementbuchs liest und so einfach klingt, zeigt Österreichs neuer Fußball-Teamchef Ralf Rangnick gerade in den ersten Wochen seiner Tätigkeit. Bisher mit Erfolg (daran ändert auch das etwas schwächere 0:2 in Dänemark gestern nichts). Österreich spielt nun mit den Besten der Welt mit.
Die Liste der Tugenden sollte noch um eine ergänzt werden: Er fordert von seinen Spielern und sich selbst höchste Professionalität und Leistung. Als gelernter Österreicher musste man schmunzeln, als er von den ORFKommentatoren am Freitag nach dem Frankreich-Spiel damit konfrontiert wurde, dass er mit dem Unentschieden gegen den amtierenden Weltmeister ja zufrieden sein müsse. Rangnick nahm die Gratulationen nicht an, verwies auf unnötige Fehler und verstand auch sonst die Welt nicht mehr – oder besser gesagt: Er verstand die österreichische Mentalität nicht mehr. 90 Prozent sind für ihn nicht genug, er will mehr.
Schauplatzwechsel in die Politik: Hat sie einen klaren Plan? Kommuniziert sie ihn gut? Und vertraut sich das Spitzenpersonal gegenseitig? Dreimal kann die Frage mit einem klaren Nein beantwortet werden. Dabei gäbe es Herausforderungen, die in ihrem Schwierigkeitsgrad dem Fußballspiel gegen einen Weltmeister entsprechen würden. Beginnen wir beim Thema Wirtschaft und Digitalisierung. Seit Jahren ist klar, dass Europa im weltweiten Konzert nur mehr die fünfte Geige spielt: Die USA, immer stärker China, aber auch lang unterentwickelte Standorte wie Indien haben uns längst überholt. Es ist unklar, auf welche Entwicklungen Europa setzt, wie wir unseren Wohlstand erhalten wollen, wie wir die Versorgung mit notwendigen Gütern sichern.
Thema Klimaschutz: Hier scheint zumindest Umweltministerin Gewessler ein klares und richtiges Ziel zu haben. Ob ihr Plan zur Erreichung dieses Ziels hält, ist aber mehr als fraglich. Die bisher angekündigten Maßnahmen erscheinen wie Luftschlösser. Jüngste Ideen für den Ausbau der Windkraft wirken verfassungswidrig. Und noch ein Thema, die Leistungsbereitschaft: In einer Situation, in der in Österreich Zigtausende Arbeitskräfte fehlen, fordert SPÖ-Chefin Rendi-Wagner allen Ernstes eine Vier-Tage-Woche. Das ist ökonomischer Unsinn und sendet völlig falsche Signale. Nicht weniger Arbeit wird auf uns zukommen, sondern mehr. Warum also 100 Prozent geben, wenn auch 80 reichen? Wer könnte also ein österreichischer Ralf Rangnick sein? Ein Bundespräsident, der dem Land Spirit gibt, zu Leistung und Zusammenarbeit aufruft, einen Plan von der Regierung einfordert. Darum sollte man über das Amt stärker diskutieren und keinen Wohlfühl-Wahlkampf mit unpräzisen Antworten zulassen. Es geht um große Themen. Daher würde ein ernst zu nehmender Gegenkandidat zu Van der Bellen dem Land guttun. Eine (durchaus respektable) Bilanz der letzten sechs Jahre ist zu wenig.